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EuGH: Betroffener einer Datenschutzverletzung hat keinen Anspruch gegen datenschutzrechtliche Aufsichtsbehörde auf Verhängung einer Geldbuße oder sonstiger Abhilfemaßnahmen

EuGH
Urteil vom 26.08.2024
C-768/21
Land Hessen (Handlungspflicht der Datenschutzbehörde)

Der EuGH hat entschieden, dass der Betroffene einer Datenschutzverletzung keinen Anspruch gegen die datenschutzrechtliche Aufsichtsbehörde auf Verhängung einer Geldbuße oder sonstiger Abhilfemaßnahmen hat.

Tenor der Entscheidung:
Art. 57 Abs. 1 Buchst. a und f, Art. 58 Abs. 2 sowie Art. 77 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung)

sind dahin auszulegen, dass

die Aufsichtsbehörde im Fall der Feststellung einer Verletzung des Schutzes personenbezogener Daten nicht verpflichtet ist, nach diesem Art. 58 Abs. 2 eine Abhilfemaßnahme zu ergreifen, insbesondere eine Geldbuße zu verhängen, wenn ein solches Einschreiten nicht geeignet, erforderlich oder verhältnismäßig ist, um der festgestellten Unzulänglichkeit abzuhelfen und die umfassende Einhaltung dieser Verordnung zu gewährleisten.

Die Pressemitteilung des EuGH:
Schutz personenbezogener Daten: Die Aufsichtsbehörde ist nicht verpflichtet, in jedem Fall eines Verstoßes eine Abhilfemaßnahme zu ergreifen und insbesondere eine Geldbuße zu verhängen

Sie kann davon absehen, wenn der Verantwortliche bereits von sich aus die erforderlichen Maßnahmen ergriffen hat

In Deutschland stellte eine Sparkasse fest, dass eine Mitarbeiterin mehrmals unbefugt auf personenbezogene Daten eines Kunden zugegriffen hatte. Die Sparkasse setzte den Kunden hiervon nicht in Kenntnis, da ihr Datenschutzbeauftragter der Ansicht war, dass für diesen Kunden kein hohes Risiko bestehe. Denn die Mitarbeiterin hatte schriftlich bestätigt, dass sie die Daten weder kopiert oder gespeichert noch an Dritte übermittelt habe und dass sie dies auch zukünftig nicht tun werde. Außerdem hatte die Sparkasse gegen die Mitarbeiterin Disziplinarmaßnahmen ergriffen. Gleichwohl meldete die Sparkasse diesen Verstoß dem Landesdatenschutzbeauftragten.

Nachdem der Kunde nebenbei von diesem Vorfall Kenntnis erlangt hatte, reichte er bei dem Landesdatenschutzbeauftragten eine Beschwerde ein. Nach Anhörung der Sparkasse teilte der Landesdatenschutzbeauftragte dem Kunden mit, dass er es nicht für erforderlich halte, gegen die Sparkasse Abhilfemaßnahmen zu ergreifen.

Der Kunde erhob daraufhin Klage bei einem deutschen Gericht und beantragte, den Landesdatenschutzbeauftragten zum Einschreiten gegen die Sparkasse zu verpflichten und insbesondere dazu, gegen die Sparkasse eine Geldbuße zu verhängen.

Das deutsche Gericht hat den Gerichtshof ersucht, die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) im Hinblick auf diese Fragestellung auszulegen.

In seinem Urteil antwortet der Gerichtshof, dass die Aufsichtsbehörde im Fall der Feststellung einer Verletzung des Schutzes personenbezogener Daten nicht verpflichtet ist, eine Abhilfemaßnahme zu ergreifen , insbesondere eine Geldbuße zu verhängen, wenn dies nicht erforderlich ist, um der festgestellten Unzulänglichkeit abzuhelfen und die umfassende Einhaltung der DSGVO zu gewährleisten. Ein solcher Fall könnte u. a. dann vorliegen, wenn der für die Verarbeitung Verantwortliche, sobald er von der Verletzung Kenntnis erlangt hat, die erforderlichen Maßnahmen ergriffen hat, damit die Verletzung abgestellt wird und sich nicht wiederholt.

Die DSGVO räumt der Aufsichtsbehörde ein Ermessen hinsichtlich der Art und Weise ein, wie sie der festgestellten Unzulänglichkeit abhilft.

Dieses Ermessen wird durch das Erfordernis begrenzt, durch den klar durchsetzbaren Rechtsrahmen der DSGVO ein gleichmäßiges und hohes Schutzniveau für personenbezogene Daten zu gewährleisten.

Es ist Sache des deutschen Gerichts, zu prüfen, ob der Landesdatenschutzbeauftragte diese Grenzen eingehalten hat


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

EuGH-Generalanwalt: Datenschutzbehörde muss grundsätzlich tätig werden wenn sie bei Prüfung einer Beschwerde einen DSGVO-Verstoß feststellt

EuGH-Generalanwalt
Schlussanträge vom 11.04.2024
C-768/21
Land Hessen (Handlungspflicht der Datenschutzbehörde)


Der EuGH-Generalanwalt kommt in seinen Schlussanträgen zu dem Ergebnis, dass eine Datenschutzbehörde grundsätzlich tätig werden muss, wenn sie bei der Prüfung einer Beschwerde einen DSGVO-Verstoß feststellt.

Ergebnis der Schlussanträge:
Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, die Vorlagefrage des Verwaltungsgerichts Wiesbaden (Deutschland) wie folgt zu beantworten:

Art. 57 Abs. 1 Buchst. a und f sowie Art. 58 Abs. 2 Buchst. a bis j in Verbindung mit Art. 77 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung)

sind dahin auszulegen, dass

die Aufsichtsbehörde, wenn sie eine Datenverarbeitung feststellt, die in die Rechte der betroffenen Person eingreift, verpflichtet ist, gemäß Art. 58 Abs. 2 der Verordnung 2016/679 einzuschreiten, soweit dies erforderlich ist, um die vollständige Beachtung dieser Verordnung zu gewährleisten. In diesem Zusammenhang hat sie unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalls das geeignete, erforderliche und verhältnismäßige Mittel auszuwählen, um insbesondere den Rechtsverstoß zu beheben und die Rechte der betroffenen Person durchzusetzen


Die Pressemitteilung des EuGH:
Schutz personenbezogener Daten: Nach Ansicht von Generalanwalt Pikamäe ist die Aufsichtsbehörde zum Einschreiten verpflichtet, wenn sie bei der Prüfung einer Beschwerde einen Verstoß feststellt.

Die Entscheidung über die zu ergreifende Abhilfemaßnahme hänge jedoch von den konkreten Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab

Ein Kunde einer Sparkasse ersuchte den Hessischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit (Deutschland), gegen die Sparkasse wegen einer Verletzung des Schutzes seiner personenbezogenen Daten einzuschreiten. Eine Mitarbeiterin der Sparkasse hatte nämlich mehrmals unbefugt auf seine Daten zugegriffen.

Der Datenschutzbeauftragte stellte eine Verletzung des in der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) vorgesehenen Datenschutzes fest . Er kam jedoch zu dem Ergebnis, dass ein Einschreiten gegen die Sparkasse nicht geboten sei, da diese gegen die betreffende Mitarbeiterin bereits Disziplinarmaßnahmen ergriffen habe.

Der Kunde geht gegen diese Weigerung bei einem deutschen Gericht vor und beantragt, den Datenschutzbeauftragten zum Einschreiten gegen die Sparkasse zu verpflichten. Er macht u. a. geltend, dass der Datenschutzbeauftragte gegen die Sparkasse Bußgelder hätte verhängen müssen.

Das deutsche Gericht hat den Gerichtshof zu den Befugnissen und Pflichten des Datenschutzbeauftragten als „Aufsichtsbehörde“ im Sinne der DSGVO befragt.

Nach Ansicht von Generalanwalt Pikamäe ist die Aufsichtsbehörde zum Einschreiten verpflichtet, wenn sie bei der Prüfung einer Beschwerde eine Verletzung des Schutzes personenbezogener Daten feststelle. Insbesondere habe sie die Abhilfemaßnahme(n) zu ermitteln, die zur Behebung des Verstoßes und zur Durchsetzung der Rechte der betroffenen Person am besten geeignet sei bzw. seien.

In diesem Zusammenhang räume die DSGVO der Aufsichtsbehörde zwar ein gewisses Ermessen ein, verlange jedoch, dass die Maßnahmen geeignet, erforderlich und verhältnismäßig seien. Daraus ergebe sich zum einen, dass das Ermessen bei der Wahl der Mittel beschränkt sei, wenn der erforderliche Schutz nur durch ganz bestimmte Maßnahmen gewährleistet werden könne, und zum anderen, dass die Aufsichtsbehörde unter bestimmten Voraussetzungen auf die Maßnahmen nach der DSGVO verzichten dürfe, wenn dies durch die besonderen Umstände des Einzelfalls gerechtfertigt sei. Dies könne insbesondere dann der Fall sein, wenn der Verantwortliche bestimmte Maßnahmen aus eigener Initiative ergriffen habe. Jedenfalls habe die betroffene Person keinen Anspruch auf Erlass einer bestimmten Maßnahme . Diese Grundsätze gälten auch für die Geldbußenregelung.


Die vollständigen Schlussanträge finden Sie hier:




EuGH: Datenschutzrechtliche Aufsichtsbehörde darf auch ohne Antrag des Betroffenen die Löschung unrechtmäßig verarbeiteter personenbezogener Daten anweisen

EuGH
Urteil vom 14.03.2024
C‑46/23


Der EuGH hat entschieden, dass eine datenschutzrechtliche Aufsichtsbehörde auch ohne Antrag des Betroffenen die Löschung unrechtmäßig verarbeiteter personenbezogener Daten anweisen darf.

Tenor der Entscheidung:
1. Art. 58 Abs. 2 Buchst. d und g der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) ist dahin auszulegen, dass die Aufsichtsbehörde eines Mitgliedstaats den Verantwortlichen oder Auftragsverarbeiter in Ausübung ihrer in diesen Bestimmungen vorgesehenen Abhilfebefugnisse selbst dann zur Löschung unrechtmäßig verarbeiteter personenbezogener Daten anweisen darf, wenn die betroffene Person keinen entsprechenden Antrag auf Ausübung ihrer Rechte nach Art. 17 Abs. 1 dieser Verordnung gestellt hat.

2. Art. 58 Abs. 2 der Verordnung 2016/679 ist dahin auszulegen, dass sich die Befugnis der Aufsichtsbehörde eines Mitgliedstaats, die Löschung unrechtmäßig verarbeiteter personenbezogener Daten anzuordnen, sowohl auf bei der betroffenen Person erhobene als auch auf aus einer anderen Quelle stammende Daten beziehen kann.

Die Pressemitteilung des EuGH:
Schutz personenbezogener Daten: Die Aufsichtsbehörde eines Mitgliedstaats kann selbst dann die Löschung unrechtmäßig verarbeiteter Daten anordnen, wenn die betroffene Person zuvor keinen entsprechenden Antrag gestellt hat

Eine solche Löschung kann sich sowohl auf bei der betroffenen Person erhobene als auch auf aus einer anderen Quelle stammende Daten beziehen.

2020 beschloss die Kommunalverwaltung Újpest (Ungarn), Personen, die zu einer von der Covid-19-Pandemie gefährdeten Gruppe gehörten, finanziell zu unterstützen. Sie ersuchte deshalb die ungarische Staatskasse und die Regierungsbehörde des IV. Bezirks der Hauptstadt Budapest, ihr die zur Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen erforderlichen personenbezogenen Daten zu übermitteln.

Aufgrund eines Hinweises stellte die zuständige ungarische Datenschutzbehörde (im Folgenden: Aufsichtsbehörde) fest, dass sowohl die Verwaltung Újpest als auch die ungarische Staatskasse und die Regierungsbehörde gegen Regelungen der DSGVO1 verstoßen hatten. Entsprechende Geldbußen wurden verhängt.

Die Aufsichtsbehörde stellte fest, dass die Verwaltung Újpest die betroffenen Personen innerhalb der dafür geltenden Frist von einem Monat weder über die Verwendung ihrer Daten und den Zweck dieser Verarbeitung noch über ihre Datenschutzrechte informiert hatte. Zudem wies sie die Verwaltung Újpest an, die Daten anspruchsberechtigter Personen, die keine Unterstützung beantragt hatten, zu löschen.

Die Verwaltung Újpest hat diese Entscheidung beim Hauptstädtischen Stuhlgericht (Ungarn) angefochten und macht geltend, die Aufsichtsbehörde sei nicht befugt, die Löschung personenbezogener Daten anzuordnen, wenn die betroffene Person zuvor keinen entsprechenden Antrag gestellt habe.

Das ungarische Gericht ersucht den Gerichtshof um Auslegung der DSGVO.

Mit seinem heutigen Urteil antwortet der Gerichtshof, dass die Aufsichtsbehörde eines Mitgliedstaats von Amts wegen die Löschung unrechtmäßig verarbeiteter Daten anordnen darf, also selbst dann, wenn die betroffene Person zuvor keinen entsprechenden Antrag gestellt hat, falls eine solche Maßnahme zur Erfüllung ihrer Aufgabe erforderlich ist, die darin besteht, über die umfassende Einhaltung der DSGVO zu wachen. Erkennt die Aufsichtsbehörde, dass eine Datenverarbeitung nicht der DSGVO entspricht, so muss sie dem festgestellten Verstoß abhelfen, und zwar auch dann, wenn die betroffene Person zuvor keinen Antrag gestellt hat. Denn das Erfordernis einer solchen Antragstellung würde bedeuten, dass der Verantwortliche bei fehlendem Antrag die betreffenden personenbezogenen Daten weiterhin speichern und unrechtmäßig verarbeiten dürfte.

Außerdem kann die Aufsichtsbehörde eines Mitgliedstaats die Löschung unrechtmäßig verarbeiteter Daten unabhängig davon anordnen, ob sie unmittelbar bei der betroffenen Person erhoben wurden oder aus einer anderen Quelle stammen.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

EuGH: Wird datenschutzrechtliche Aufsichtsbehörde mittelbar für Betroffenen tätig muss dieser gerichtlichen Rechtsbehelf gegen Entscheidung haben

EuGH
Urteil vom 16.11.2023
C-333/22
Ligue des droits humains (Prüfung der Datenverarbeitung durch die Aufsichtsbehörde)


Der EuGH hat entschieden, dass dem Betroffenen ein gerichtlicher Rechtsbehelf gegen eine Entscheidung der datenschutzrechtlichen Aufsichtsbehörde zustehen muss, wenn die Datenschutzbehörde mittelbar die Rechte des Betroffenen wahrgenommen hat.

Die Pressemitteilung des EuGH:
Verarbeitung personenbezogener Daten: Beschlüsse, die eine Aufsichtsbehörde im Rahmen der mittelbaren Ausübung von Rechten der betroffenen Person erlässt, sind rechtsverbindlich

Die Gründe und Beweise, auf die sie sich stützen, müssen gerichtlich überprüft werden können.

Ein Bürger beantragte zu beruflichen Zwecken bei der belgischen nationalen Sicherheitsbehörde die Erteilung einer Sicherheitsbescheinigung. Das Dokument wurde ihm mit der Begründung verweigert, dass er an Demonstrationen teilgenommen habe. Unter Berufung auf sein Recht auf Auskunft über seine Daten wandte sich der Bürger an das Organ für die Kontrolle polizeilicher Informationen, das ihm mitteilte, dass ihm nur ein mittelbarer Auskunftsanspruch zustehe und es selbst die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung seiner Daten prüfen werde. Im Einklang mit dem belgischen Recht beschränkte sich das Organ nach Abschluss der Prüfung jedoch darauf, dem Bürger zu antworten, dass die erforderlichen Prüfungen durch die Aufsichtsbehörde erfolgt seien. Der Bürger erhob daraufhin Klage vor dem Gericht des ersten Rechtszugs, das sich für sachlich unzuständig erklärte.

Die vom Betroffenen und der Ligue des droits humains angerufene Cour d’appel de Bruxelles (Appellationshof Brüssel, Belgien) möchte vom Gerichtshof wissen, ob das Unionsrecht die Mitgliedstaaten dazu verpflichtet, der von der Verarbeitung ihrer Daten betroffenen Person die Möglichkeit zu geben, den Beschluss der Aufsichtsbehörde anzufechten, wenn diese Behörde die Rechte dieser Person in Bezug auf die Datenverarbeitung ausübt.

Der Gerichtshof ist der Auffassung, dass die zuständige Aufsichtsbehörde dadurch, dass sie die betroffene Person über das Ergebnis der Prüfungen unterrichtet, einen rechtsverbindlichen Beschluss erlässt. Gegen diesen Beschluss muss ein Rechtsbehelf eingelegt werden können, damit der Betroffene die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung durch die Aufsichtsbehörde und die Entscheidung zugunsten bzw. gegen die Ausübung von Abhilfebefugnissen anfechten kann.

Der Gerichtshof weist darauf hin, dass die Aufsichtsbehörde nach dem Unionsrecht verpflichtet ist, die betroffene Person „zumindest“ darüber zu unterrichten, „dass alle erforderlichen Prüfungen oder eine Überprüfung durch die Aufsichtsbehörde erfolgt sind“, und diese „über ihr Recht auf einen gerichtlichen Rechtsbehelf“ zu informieren. Wenn die im öffentlichen Interesse liegenden Zwecke dem nicht entgegenstehen, haben die Mitgliedstaaten jedoch vorzusehen, dass die Unterrichtung der betroffenen Person über diese Mindestangaben hinausgehen kann, damit die betroffene Person ihre Rechte verteidigen und entscheiden kann, ob sie das zuständige Gericht anruft.

Außerdem müssen die Mitgliedstaaten in den Fällen, in denen die der betroffenen Person übermittelten Informationen auf das strikte Minimum beschränkt wurden, dafür Sorge tragen, dass das zuständige Gericht bei der Prüfung der Stichhaltigkeit der Rechtfertigungsgründe für eine solche Beschränkung der Informationen die im öffentlichen Interesse liegenden Zwecke (Sicherheit des Staates, Verhütung, Aufdeckung, Untersuchung oder Verfolgung von Straftaten) und die Notwendigkeit, den Bürgern die Wahrung ihrer Verfahrensrechte zu gewährleisten, gegeneinander abwägen kann. Im Rahmen dieser gerichtlichen Kontrolle müssen die nationalen Vorschriften es dem Gericht ermöglichen, von den Gründen und Beweisen, auf die die Aufsichtsbehörde den Beschluss gestützt hat, aber auch von den daraus gezogenen Schlüssen Kenntnis zu nehmen.


Tenor der Entscheidung:

1. Art. 17 in Verbindung mit Art. 46 Abs. 1 Buchst. g, Art. 47 Abs. 1 und 2 und Art. 53 Abs. 1 der Richtlinie (EU) 2016/680 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die zuständigen Behörden zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung sowie zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung des Rahmenbeschlusses 2008/977/JI des Rates sowie in Verbindung mit Art. 8 Abs. 3 und Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ist dahin auszulegen, dass dass eine Person, wenn ihre Rechte in Anwendung von Art. 17 dieser Richtlinie über die zuständige Aufsichtsbehörde ausgeübt worden sind und diese Behörde sie über das Ergebnis der durchgeführten Prüfungen unterrichtet, über einen wirksamen gerichtlichen Rechtsbehelf gegen den Beschluss dieser Behörde, das Überprüfungsverfahren abzuschließen, verfügen muss.

2. Die Prüfung der zweiten Frage hat nichts ergeben, was geeignet wäre, die Gültigkeit von Art. 17 Abs. 3 der Richtlinie (EU) 2016/680 zu berühren.

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BlnBD: 215.000 EURO Bußgeld gegen Unternehmen u.a. wegen datenschutzwidriger Speicherung von Gesundheitsdaten von Beschäftigten in Probezeit

Die Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit (BlnBDI) hat ein Bußgeld in Höhe von 215.000 EURO gegen ein Unternehmen u.a. wegen datenschutzwidriger Speicherung von Gesundheitsdaten und Interesse an Betriebsratsgründung von Beschäftigten in der Probezeit verhängt.

Die Pressemitteilung des der BlnBDI:
Eine Liste mit Informationen über Beschäftigte in der Probezeit

Die Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit (BlnBDI) hat gegen ein Unternehmen Bußgelder in Höhe von insgesamt 215.000 Euro verhängt. Das Unternehmen hatte u. a. unzulässigerweise sensible Informationen über den Gesundheitszustand einzelner Beschäftigter oder deren Interesse an einer Betriebsratsgründung dokumentiert. Der Bußgeldbescheid ist noch nicht rechtskräftig.

Um mögliche Kündigungen zum Ende der Probezeit vorzubereiten, führte eine Vorgesetzte auf Weisung der Geschäftsführung des Unternehmens von März bis Juli 2021 eine tabellarische Übersicht aller Beschäftigten in der Probezeit. Die Berliner Datenschutzbeauftragte erfuhr durch Medienberichte und eine persönliche Beschwerde eines Betroffenen von dem Vorfall und leitete eine Prüfung ein.

In der Übersicht listete die Vorgesetzte alle Mitarbeitenden in der Probezeit auf und bewertete die weitere Beschäftigung von elf Personen als „kritisch“ oder „sehr kritisch“. Diese Einstufung wurde in einer Tabellenspalte mit der Überschrift „Begründung“ näher erläutert. Hier fanden sich Angaben zu persönlichen Äußerungen sowie gesundheitlichen und außerbetrieblichen Gründen, die einer flexiblen Schichteinteilung entgegenstehen würden. Auch ein mögliches Interesse an der Gründung eines Betriebsrates und die regelmäßige Teilnahme an einer Psychotherapie wurden hier genannt. In vielen Fällen hatten die Beschäftigten die aufgeführten Informationen selbst für die Dienstplanung mitgeteilt. Die Weiterverarbeitung in der Liste war ihnen nicht bekannt.

Die Berliner Datenschutzbeauftragte kam bei ihrer Prüfung zu dem Ergebnis, dass die Verarbeitung der erhobenen Daten in den beanstandeten Fällen nicht rechtmäßig war. Zusätzlich zur Ahndung dieses strukturellen Verstoßes verhängte die BlnBDI gegen das Unternehmen drei weitere Bußgelder in Höhe von insgesamt rund 40.000 Euro wegen fehlender Beteiligung der betrieblichen Datenschutzbeauftragten bei der Erstellung der Liste, verspäteter Meldung einer Datenpanne und fehlender Erwähnung der Liste im Verarbeitungsverzeichnis.

Meike Kamp, Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit: „Die Erhebung, Speicherung und Verwendung von Beschäftigtendaten müssen stets im zulässigen Zusammenhang mit dem Beschäftigungsverhältnis erfolgen. Das war in diesem Fall nicht gegeben. Insbesondere Gesundheitsdaten sind besonders sensitive Informationen, die nur in engen Grenzen verarbeitet werden dürfen.“

Grundsätzlich dürfen Arbeitgeber:innen Überlegungen anstellen, inwiefern Beschäftigte weiterbeschäftigt werden sollen und insofern auch personenbezogene Daten verarbeiten. Die verarbeiteten Daten müssen jedoch für diesen Zweck geeignet und erforderlich sein. Sie dürfen nur Rückschlüsse auf Leistung oder Verhalten zulassen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Beschäftigungsverhältnis stehen. Arbeitgeber:innen dürfen auch von Beschäftigten selbst mitgeteilte Informationen nicht einfach weiterverarbeiten, sondern müssen prüfen, ob die Verarbeitung erforderlich und angemessen ist.

Bei der Bemessung der Bußgelder berücksichtigte die BlnBDI den Umsatz des Unternehmens und die Anzahl der betroffenen Beschäftigten. Außerdem wurde berücksichtigt, dass insbesondere die Verarbeitung von Gesundheitsdaten ohne Rechtsgrundlage einen besonders schwerwiegenden Verstoß darstellt. Bußgeldmindernd wurde u. a. berücksichtigt, dass das Unternehmen umfassend mit der BlnBDI kooperiert hat und den Verstoß nach öffentlichem Bekanntwerden bereits ohne Aufforderung von sich aus abgestellt hat.



BlnBDI: 300.000 EURO Bußgeld gegen Bank wegen mangelnder Transparenz bei automatisierter Ablehnung eines Kreditantrags

Die Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit (BlnBDI) hat ein Bußgeld in Höhe von 300.000 EURO gegen eine Bank wegen mangelnder Transparenz bei der automatisierter Ablehnung eines Kreditantrags verhängt.

Die Pressemitteilung der BlnBDI:
300.000 Euro Bußgeld gegen Bank nach mangelnder Transparenz über automatisierte Ablehnung eines Kreditkartenantrags - Computer sagt Nein

Die Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit (BlnBDI) hat gegen eine Bank ein Bußgeld in Höhe von 300.000 Euro wegen mangelnder Transparenz über eine automatisierte Einzelentscheidung verhängt. Die Bank hatte sich geweigert, einem Kunden nachvollziehbare Auskünfte über die Gründe der automatisierten Ablehnung eines Kreditkartenantrags zu erteilen. Das Unternehmen hat umfassend mit der BlnBDI kooperiert und den Bußgeldbescheid akzeptiert.

Eine automatisierte Entscheidung ist eine Entscheidung, die ein IT-System ausschließlich auf Grundlage von Algorithmen und ohne menschliches Eingreifen trifft. Für diesen Fall sieht die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) spezielle Transparenzpflichten vor. So müssen personenbezogenen Daten in einer für die betroffenen Personen nachvollziehbaren Weise verarbeitet werden. Betroffene Personen haben einen Anspruch auf Erläuterung der nach einer entsprechenden Bewertung getroffenen Entscheidung. Beantragen betroffene Personen bei den Verantwortlichen eine Auskunft, müssen diese aussagekräftige Informationen über die involvierte Logik hinter der automatisierten Entscheidung erteilen.

In diesem Fall beherzigte die Bank dies jedoch bei ihrem digitalen Antrag für eine Kreditkarte nicht. Über ein Online-Formular fragte die Bank verschiedene Daten über Einkommen, Beruf und Personalien des Antragstellers ab. Anhand der abgefragten Informationen und zusätzlicher Daten aus externen Quellen lehnte der Bank-Algorithmus den Antrag des Kunden ohne besondere Begründung ab. Der Algorithmus basiert auf zuvor von der Bank definierten Kriterien und Regeln.

Da der Kunde einen guten Schufa-Score und ein regelmäßiges hohes Einkommen hatte, bezweifelte er die automatisierte Ablehnung. Die Bank machte auch auf Nachfrage lediglich pauschale und vom Einzelfall gelöste Angaben zum Scoring-Verfahren. Sie weigerte sich jedoch, ihm mitzuteilen, warum sie in seinem Fall von einer schlechten Bonität ausging. Der Beschwerdeführer konnte somit nicht nachvollziehen, welche Datenbasis und Faktoren der Ablehnung zugrunde lagen und anhand welcher Kriterien sein Kreditkartenantrag dementsprechend abgelehnt worden ist. Ohne diese Einzelfallbegründung war es ihm aber auch nicht möglich, die automatisierte Einzelentscheidung sinnvoll anzufechten. Daraufhin beschwerte er sich bei der Datenschutzbeauftragten.

Meike Kamp, Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit: „Wenn Unternehmen automatisiert Entscheidungen treffen, sind sie verpflichtet, diese stichhaltig und nachvollziehbar zu begründen. Die Betroffenen müssen in der Lage sein, die automatisierte Entscheidung nachzuvollziehen. Dass die Bank in diesem Fall auch auf Anfrage nicht transparent und nachvollziehbar über die automatisierte Ablehnung informiert hat, hat ein Bußgeld zur Folge. Eine Bank ist verpflichtet, die Kund:innen bei der automatisierten Entscheidung über einen Kreditkartenantrag über die tragenden Gründe einer Ablehnung zu unterrichten. Hierzu zählen konkrete Informationen zur Datenbasis und den Entscheidungsfaktoren sowie die Kriterien für die Ablehnung im Einzelfall.“

Die Datenschutzbeauftragte hat festgestellt, dass die Bank in dem konkreten Fall gegen Art. 22 Abs. 3, Art. 5 Abs. 1 lit. a und Art. 15 Abs. 1 lit. h DSGVO verstoßen hat. Bei der Bußgeldzumessung berücksichtigte die BlnBDI insbesondere den hohen Umsatz der Bank sowie die vorsätzliche Ausgestaltung des Antragsprozesses und der Auskunft. Als bußgeldmindernd wurde u. a. eingestuft, dass das Unternehmen den Verstoß eingeräumt sowie Änderungen an den Prozessen bereits umgesetzt und weitere Verbesserungen angekündigt hat.



EuGH: Zivilrechtliche und verwaltungsrechtliche Rechtsbehelfe bzw. Ansprüche der DSGVO schließen einander nicht aus und können parallel geltend gemacht werden

EuGH
Urteil vom 12.01.2023
C-132/21
Nemzeti Adatvédelmi és Információszabadság Hatóság


Der EuGH hat entschieden, dass sich zivilrechtliche und verwaltungsrechtliche Rechtsbehelfe bzw. Ansprüche der DSGVO einander nicht ausschließen und parallel geltend gemacht werden können.

Die Pressemitteilung des Gerichts:
Die in der Datenschutz-Grundverordnung vorgesehenen verwaltungs- und zivilrechtlichen Rechtsbehelfe können nebeneinander und unabhängig voneinander eingelegt werden

Es obliegt den Mitgliedstaaten, dafür zu sorgen, dass die parallele Einlegung dieser Rechtsbehelfe die gleichmäßige und einheitliche Anwendung dieser Verordnung nicht beeinträchtigt.

Im April 2019 nahm BE an der Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft teil, deren Aktionär er ist, und richtete bei dieser Gelegenheit Fragen an die Mitglieder des Verwaltungsrats und an andere Teilnehmer. Im Anschluss forderte er die Gesellschaft auf, ihm den während der Hauptversammlung aufgezeichneten Tonmitschnitt zu übermitteln. Die Gesellschaft stellte ihm jedoch nur die Abschnitte der Aufzeichnung zur Verfügung, die seine eigenen Beiträge wiedergaben, nicht aber jene der anderen Teilnehmer, selbst wenn es sich hierbei um die Antworten auf seine Fragen handelte.

BE beantragte daraufhin bei der nach der Allgemeinen Datenschutzverordnung (DSGVO) zuständigen ungarischen Aufsichtsbehörde, der Gesellschaft aufzugeben, ihm die fragliche Aufzeichnung zu übermitteln. Da die Behörde seinen Antrag ablehnte, erhob BE eine verwaltungsrechtliche Klage gegen die ablehnende Entscheidung beim Hauptstädtischen Stuhlgericht Budapest. Parallel dazu erhob er auch bei den ungarischen Zivilgerichten eine Klage gegen die Entscheidung der Gesellschaft über die Verweigerung des Zugangs. Diese Klage stützte sich auf eine Bestimmung der DSGVO, die jeder Person, die der Ansicht ist, dass die ihr durch diese Verordnung garantierten Rechte verletzt wurden, das Recht auf einen wirksamen gerichtlichen Rechtsbehelf verleiht. Das erste dieser Verfahren ist noch anhängig; die im zweiten Verfahren angerufenen ungarischen Zivilgerichte stellten jedoch bereits in einem rechtskräftig gewordenen Urteil fest, dass die Gesellschaft das Recht von BE auf Zugang zu seinen personenbezogenen Daten verletzt habe.

Das Hauptstädtische Stuhlgericht Budapest fragt den Gerichtshof, ob es im Rahmen der Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Entscheidung der nationalen Aufsichtsbehörde an das rechtskräftige Urteil der Zivilgerichte gebunden sei, das sich auf denselben Sachverhalt und dieselbe Behauptung eines Verstoßes gegen die DSGVO durch die betreffende Gesellschaft beziehe. Da eine parallele Einlegung von verwaltungs- und zivilrechtlichen Rechtsbehelfen zu einander widersprechenden Entscheidungen führen könne, möchte das ungarische Gericht außerdem wissen, ob einer der Rechtsbehelfe gegenüber dem anderen Vorrang habe.

Der Gerichtshof erinnert daran, dass die DSGVO Personen, die einen Verstoß gegen deren Bestimmungen geltend machen, verschiedene Rechtsbehelfe bietet, wobei jeder dieser Rechtsbehelfe „unbeschadet“ der anderen eingelegt werden können muss. Somit sieht die Verordnung weder eine vorrangige oder ausschließliche Zuständigkeit noch einen Vorrang der Beurteilung der Aufsichtsbehörde oder eines Gerichts zum Vorliegen einer Verletzung der betreffenden Rechte vor. Folglich können die in der DSGVO vorgesehenen verwaltungs- und zivilrechtlichen Rechtsbehelfe nebeneinander und unabhängig voneinander eingelegt werden.

Was die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen der betroffenen nationalen Verwaltungsbehörden und Gerichte betrifft, betont der Gerichtshof, dass es den Mitgliedstaaten obliegt, durch den Erlass der hierfür erforderlichen Verfahrensvorschriften und in Ausübung ihrer Verfahrensautonomie sicherzustellen, dass die in der DSGVO nebeneinander und unabhängig voneinander vorgesehenen Rechtsbehelfe weder die praktische Wirksamkeit und den effektiven Schutz der durch diese Verordnung garantierten Rechte noch die gleichmäßige und einheitliche Anwendung ihrer Bestimmungen oder das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf bei einem Gericht in Frage stellen.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

LfDI Baden-Württemberg: 50.000 EURO Bußgeld wegen missbräuchlicher Verwendung von Grundbuchdaten durch Bauträgerunternehmen zu Werbezwecken - DSGVO-Verstoß

Der LfDI Baden-Württemberg hat ein Bußgeld in Höhe von 50.000 EURO wegen der missbräuchlichen Verwendung von Grundbuchdaten durch ein Bauträgerunternehmen zu Werbezwecken verhängt.

Die Pressemitteilung der Datenschutzbehörde:
Bußgeld: Daten aus dem Grundbuch stehen nicht zur freien Verfügung

LfDI Baden-Württemberg hat Geldbußen wegen missbräuchlicher Verwendung von Grundbuchdaten verhängt

Auch Daten aus öffentlichen Registern wie dem Grundbuch stehen nicht zur freien Verfügung

Der Landesbeauftragte Dr. Stefan Brink: „Verantwortliche sollten sich bewusstmachen, dass auch öffentliche Daten Schutz genießen und nicht zur freien Verfügung stehen. Die im vorliegenden Fall verhängten Geldbußen machen deutlich, dass sich heimliche Datenverarbeitungen unter Ausnutzung spezieller Zugriffsrechte nicht auszahlen. Die Datenschutz-Grundverordnung gilt auch im hart umkämpften Markt um Bauland.“

Wegen rechtswidriger Datenerhebung und –weitergabe und Verstößen gegen die Informationspflichten hat der Landesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Baden-Württemberg Geldbußen gegen ein Bauträgerunternehmen und einen Vermessungsingenieur in Höhe von 50.000 Euro und 5.000 Euro verhängt.

Ein Grundstückseigentümer in einem Neubaugebiet hatte ein Schreiben eines Bauträgers erhalten, in dem ihm ein Kaufpreisangebot für sein Grundstück unterbreitet wurde. Eine Information über die Herkunft seiner Daten enthielt das Schreiben nicht, auch auf Nachfrage wurde dem Adressaten nicht mitgeteilt, woher der Bauträger dessen Daten hatte, insbesondere die Kenntnis von dessen Eigentümerstellung.

Die Bußgeldstelle beim Landesbeauftragten ermittelte anschließend, dass ein Vermessungsingenieur von seiner Befugnis zur Einsichtnahme in das elektronische Grundbuch im automatisierten Abrufverfahren Gebrauch gemacht und in zwei Fällen mehrere Hundert Grundstückseigentümer ohne deren Kenntnis identifiziert und die entsprechenden Informationen an einen Bauträger weitergegeben hatte. Dieser wiederum schrieb die so ermittelten Eigentümer mit einem Kaufpreisangebot für deren Grundstücke an, ohne die notwendigen Informationen nach Art. 14 DS-GVO zu erteilen, insbesondere ohne über die Herkunft der Daten zu informieren.

Dieses Vorgehen stellt einerseits einen Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 DS-GVO dar. So ist bei der Interessenabwägung im Rahmen des Art. 6 Abs. 1 Buchst. f DS-GVO zu berücksichtigen, dass zwischen den Grundstückseigentümern und dem Bauträger keine vorherige Geschäftsbeziehung bestand und die Eigentümer nicht davon ausgehen mussten, dass ihre Daten im Grundbuch für werbliche Ansprachen zur Verfügung stehen. Hierbei kommt besondere Bedeutung der Tatsache zu, dass Grundstückseigentümer weder der Eintragung im Grundbuch noch der Datenübermittlung widersprechen können, vielmehr werden ihre Daten auf Grund einer gesetzlichen Pflicht erhoben. Diese gesetzliche Pflicht dient aber nicht der werblichen Ansprache, sondern der Rechtssicherheit bei Grundstücksgeschäften. Dementsprechend ist für das grundbuchrechtliche Einsichtsrecht auch allgemein anerkannt, dass ein alleiniges Erwerbsinteresse nicht zur Einsichtnahme berechtigt, es vielmehr bereits der konkreten Vertragsverhandlungen bedarf.

Zudem lag auch ein Verstoß gegen Art. 14 DS-GVO vor, indem den Eigentümern – auch bei Kontaktaufnahme – keine Informationen zur Datenverarbeitung zur Verfügung gestellt wurden. Diese Informationen sind aber wesentliche Voraussetzung für betroffene Personen, um ihre Betroffenenrechte nach den Art. 15 ff. DS-GVO geltend machen zu können. Ein Ausschlussgrund war vorliegend auch nicht gegeben, insbesondere stellt § 12 GBO keine Rechtsvorschrift im Sinne des Art. 14 Abs. 5 Buchst. c DS-GVO dar, da sich für betroffene Personen bei Einsichtnahme durch Dritte aus § 12 GBO weder die datenerhebende Stelle noch Umfang, Zweck oder Dauer der Datenerhebung ersichtlich sind.

Bei der Zumessung der Geldbuße wurde neben der Anzahl der betroffenen Personen, der Art der betroffenen Daten und der Bedeutung der verletzten Vorschriften vor allem die Kooperation der verantwortlichen Stellen im Bußgeldverfahren berücksichtigt.

Die Geldbußen wurden von den Verantwortlichen akzeptiert und sind zwischenzeitlich rechtskräftig.


BlnBDI: 525.000 EURO Bußgeld gegen Berliner E-Commerce-Konzern nach vorheriger Verwarnung wegen Verstoßes gegen DSGVO durch Interessenkonflikt des betrieblichen Datenschutzbeauftragten

Die Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit (BlnBDI) hat ein Bußgeld in Höhe von 525.000 EURO gegen einen Berliner E-Commerce-Konzern wegen Verstoßes gegen die Vorgaben der DSGVO durch einen Interessenkonflikt des betrieblichen Datenschutzbeauftragten verhängt. Die Datenschutzbehörde hatte vor Verhängung des Bußgelds fruchtlos eine Verwarnung ausgesprochen.

Die Pressemitteilung der BlnBDI:
Interessenkonflikt des betrieblichen Datenschutzbeauftragten: 525.000 Euro Bußgeld gegen die Tochtergesellschaft eines Berliner E-Commerce-Konzerns

Die Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit (BlnBDI) hat gegen die Tochtergesellschaft eines Berliner Handelskonzerns ein Bußgeld in Höhe von 525.000 Euro wegen eines Interessenkonflikts des betrieblichen Datenschutzbeauftragten verhängt. Das Unternehmen hatte einen Datenschutzbeauftragten benannt, der Entscheidungen unabhängig kontrollieren sollte, die er selbst in einer anderen Funktion getroffen hatte. Das Bußgeld ist noch nicht rechtskräftig. Betriebliche Datenschutzbeauftragte haben eine wichtige Aufgabe: Sie beraten das Unternehmen hinsichtlich der datenschutzrechtlichen Pflichten und kontrollieren die Einhaltung der Datenschutzvorschriften. Diese Funktion dürfen gemäß Art. 38 Abs. 6 Satz 2 Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) ausschließlich Personen ausüben, die keinen Interessenkonflikten durch andere Aufgaben unterliegen. Das wäre zum Beispiel bei Personen mit leitenden Funktionen im Unternehmen der Fall, die selber maßgebliche Entscheidungen über die Verarbeitung von personenbezogenen Daten im Unternehmen treffen. Die Aufgabe darf demnach nicht von Personen wahrgenommen werden, die sich dadurch selbst überwachen würden.

So ein Interessenkonflikt lag nach Auffassung der BlnBDI im Falle eines Datenschutzbeauftragten einer Tochtergesellschaft eines Berliner E-Commerce-Konzerns vor. Die Person war gleichzeitig Geschäftsführer von zwei Dienstleistungsgesellschaften, die im Auftrag genau jenes Unternehmens personenbezogene Daten verarbeiteten, für die er als Datenschutzbeauftragter tätig war. Diese Dienstleistungsgesellschaften sind ebenfalls Teil des Konzerns; stellen den Kund:innenservice und führen Bestellungen aus.

Der Datenschutzbeauftragte musste somit die Einhaltung des Datenschutzrechts durch die im Rahmen der Auftragsverarbeitung tätigen Dienstleistungsgesellschaften überwachen, die von ihm selbst als Geschäftsführer geleitet wurden. Die BlnBDI sah in diesem Fall einen Interessenkonflikt und damit einen Verstoß gegen die Datenschutz-Grundverordnung. Die Aufsichtsbehörde erteilte daher im Jahr 2021 zunächst eine Verwarnung gegen das Unternehmen.

Nachdem eine erneute Überprüfung in diesem Jahr ergab, dass der Verstoß trotz der Verwarnung weiterbestand, verhängte die BlnBDI das Bußgeld, das noch nicht rechtskräftig ist.

Volker Brozio, kommissarischer Dienststellenleiter der BlnBDI: „Dieses Bußgeld unterstreicht die bedeutende Rolle der Datenschutzbeauftragten in Unternehmen. Ein Datenschutzbeauftragter kann nicht einerseits die Einhaltung des Datenschutzrechts überwachen und andererseits darüber mitentscheiden. Eine solche Selbstkontrolle widerspricht der Funktion eines Datenschutzbeauftragten, der gerade eine unabhängige Instanz sein soll, die im Unternehmen auf die Einhaltung des Datenschutzes hinwirkt.“

Bei der Bußgeldzumessung berücksichtigte die BlnBDI den dreistelligen Millionenumsatz des ECommerce-Konzerns im vorangegangen Geschäftsjahr und die bedeutende Rolle des Datenschutzbeauftragten als Ansprechpartner für die hohe Zahl an Beschäftigten und Kund:innen. Berücksichtigung fand auch die vorsätzliche Weiterbenennung des Datenschutzbeauftragten über fast ein Jahr trotz der bereits erteilten Verwarnung. Als bußgeldmindernd wurde u. a. eingestuft, dass das Unternehmen umfangreich mit der BlnBDI zusammengearbeitet und den Verstoß während des laufenden Bußgeldverfahrens abgestellt hat.

„Zur Vermeidung von Datenschutzverstößen sollten Unternehmen etwaige Doppelrollen der betrieblichen Datenschutzbeauftragten in Konzernstrukturen auf Interessenkonflikte hin prüfen“, sagt Brozio. „Das gilt insbesondere dann, wenn Auftragsverarbeitungen oder gemeinsame Verantwortlichkeiten zwischen den Konzerngesellschaften bestehen.“

VG Berlin: Nach DSGVO kein individueller Anspruch auf Einschreiten der Datenschutzbehörde und Einleitung bestimmter Maßnahmen

VG Berlin
Beschluss vom 21.04.2021
1 K 360.19


Das VG Berlin hat entschieden, dass nach der DSGVO kein individueller Anspruch auf Einschreiten der Datenschutzbehörde und Einleitung bestimmter Maßnahmen besteht.

Aus den Entscheidungsgründen:
Die Klage ist voraussichtlich unbegründet. Der Antragsteller und künftige Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass der Antragsgegner (Beklagte) über seine Beschwerde vom 1. August 2019 erneut entscheidet. Mögliche Anspruchsgrundlage ist Art. 57 Abs. 1 lit. f) DS-GVO. Erhebt eine betroffene Person eine Beschwerde im Sinne von Art. 77 DS-GVO, muss sich die Aufsichtsbehörde nach Art. 57 Abs. 1 lit. f) DS-GVO mit der Beschwerde befassen, den Gegenstand der Beschwerde in angemessenem Umfang untersuchen und den Beschwerdeführer innerhalb einer angemessenen Frist über den Fortgang und das Ergebnis der Untersuchung unterrichten. Die Aufsichtsbehörde ist hiernach verpflichtet, die Beschwerde mit der gebotenen Sorgfalt und in angemessenem Umfang zu prüfen. Maßstab für den Umfang der Ermittlungen ist insbesondere die Schwere des in Rede stehenden Verstoßes, aber auch alle weiteren relevanten Aspekte sind zu berücksichtigen, insbesondere die in Art. 83 Abs. 2 DS-GVO genannten (Bergt, in: Kühling/Buchner, Datenschutz-Grundverordnung BDSG, 3. Auflage 2020, Art. 77 DS-GVO, Rn. 16). Nach Maßgabe dieser Grundsätze hat der Antragsgegner seine Pflichten bei der Bearbeitung der Beschwerde des Antragstellers erfüllt. Er hat den Sachverhalt ermittelt, indem er das Beschwerdevorbringen zur Kenntnis genommen und die D... zur Stellungnahme aufgefordert hat. Er hat den Sachverhalt anschließend bewertet und dem Antragsteller das Ergebnis seiner Prüfung mit Abschlussbescheid der Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit vom 25. September 2019 mitgeteilt. Weiter hat er den Antragsteller auf die Möglichkeit gerichtlichen Rechtschutzes gegen die Beschwerdeentscheidung nach Art. 78 Abs. 1 DS-GVO hingewiesen und der Mitteilung eine entsprechende Rechtsmittelbelehrung beigefügt (siehe hierzu Art. 77 Abs. 2 DS-GVO).

Umstritten ist zwar, ob eine weitergehende gerichtliche Überprüfung zum Inhalt der Beschwerdeentscheidung vorzunehmen ist. Dies hat die Kammer in einer Eilentscheidung verneint, weil das Beschwerderecht als Petitionsrecht ausgestaltet sei (Beschluss vom 28. Januar 2019, VG 1 L 1.19, juris, Rn. 5; so nunmehr auch OVG Koblenz, Urteil vom 26. Oktober 2020 – 10 A 10613/20, juris, Rn. 37 ff.; a.A. Halder, jurisPR-ITR 16/2020 Anm. 6; Bergt, a.a.O., Rn. 17, jeweils mwN). Ausgehend hiervon ist der Anspruch des Antragstellers erfüllt, weil dessen Beschwerde zur Kenntnis genommen, geprüft und beschieden worden ist. Selbst unter Zugrundelegung der Gegenmeinung wäre der Anspruch hier erfüllt. Nach der Gegenauffassung steht der betroffenen Person ein Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung zu, welche gerichtlich überprüfbar und durchsetzbar sein soll (Halder, jurisPR-ITR 16/2020 Anm. 6); eine konkrete Maßnahme kann die betroffene Person hingegen nicht verlangen (vgl. Urteil der Kammer vom 18. Januar 2021 – VG 1 K 206.19; Bergt, a.a.O., Rn. 17). Auch unter Zugrundelegung dieses Maßstabs gilt im Ergebnis nichts anderes. Der Anspruch des Antragstellers auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung über ein Einschreiten des Beklagten gegen die D... ist erfüllt. Der Abschlussbescheid der Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit vom 25. September 2019 führt aus, dass die D... wegen ihrer unvollständigen Auskunft gegen Art. 15 DS-GVO verstoßen habe und sie deshalb verwarnt worden sei. Den datenschutzrechtlichen Belangen des Antragstellers ist damit ausreichend Rechnung getragen. Warum der Antragsteller gleichwohl meint, der Abschlussbescheid sei für ihn nicht positiv, bleibt unklar. Ein Anspruch auf Verhängung eines Bußgeldes gegen die D... steht ihm dagegen nicht zu, weil er eine konkrete Maßnahme nicht verlangen kann.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

OVG Koblenz: Kein individueller Anspruch auf Einschreiten der Datenschutzbehörde und Einleitung bestimmter Maßnahmen nach DSGVO

OVG Koblenz
Urteil vom 26.10.2020
10 A 10613/20.OVG


Das OVG Koblenz hat entschieden, dass kein individueller Anspruch auf Einschreiten der Datenschutzbehörde und Einleitung bestimmter Maßnahmen besteht. Die DSGVO enthält keine entsprechende Anspruchsgrundlage.

VG Mainz: Datenschutzrechtliche Beschwerde muss alle Informationen enthalten so dass datenschutzrechtliche Aufsichtsbehörde die Sache prüfen kann

VG Mainz
Urteil vom 22.07.2020
1 K 473/19.MZ


Das VG Mainz hat entschieden, dass eine datenschutzrechtliche Beschwerde alle Informationen enthalten muss, so dass die datenschutzrechtliche Aufsichtsbehörde die Sache prüfen kann.

Aus den Entscheidungsgründen:

II. Die Klage hat ungeachtet dessen auch in der Sache keinen Erfolg. Der Bescheid des Beklagten vom 26. April 2019 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beendigung des vom Kläger erhobenen Beschwerdeverfahrens durch den Beklagten ist nicht zu beanstanden, weil der Kläger keine prüffähige Beschwerde beim LFDI erhoben hat. Dabei hat der Beklagte das Beschwerdeverfahren nicht etwa deshalb eingestellt – wie der Kläger wohl meint –, weil der Kläger nur die aus seiner Sicht bestehenden Missstände und seine Rechtsauffassung mitteilt, sondern weil die Beschwerde des Klägers mangels konkreter Informationen zu einem Datenschutzrechtsverstoß vom LFDI nicht geprüft werden konnte.

1. Eine Beschwerde kann gemäß Art. 77 Abs. 1 DSGVO bei der Aufsichtsbehörde – hier: LFDI – eingelegt werden, wenn die betroffene Person der Ansicht ist, dass die Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten gegen diese Verordnung verstößt. Der Beschwerdeführer hat nicht nur – wie es bei einer Petition der Fall wäre – ein Recht auf Beantwortung und Bescheidung seiner Beschwerde, sondern einen darüberhinausgehenden Anspruch auf fehlerfreie Ermessensausübung und im Falle einer Ermessensreduzierung auf Null einen Anspruch auf ein konkretes Einschreiten der Aufsichtsbehörde (vgl. VG Mainz, Urteil vom 16. Januar 2020 – 1 K 129/19.MZ –, juris, Rn. 35; VG Ansbach, Urteil vom 8. August 2019 – AN 14 K 19.272 –, BeckRS 2019, 30069, Rn. 25; Albrecht/Jotzo, Das neue Datenschutzrecht der EU, 1. Aufl. 2017, Teil 8, Rn. 6 f., beck-online; Mundil, in Wolff/Brink, BeckOK Datenschutzrecht, 30. Ed. Stand: 1. Februar 2017, Art. 78 DSGVO, Rn. 7). Eine Beschwerde kann formlos eingereicht werden, da Art. 77 Abs. 1 DSGVO keine ausdrücklichen Formerfordernisse regelt. Inhaltlich dürfen an die Beschwerde zwar keine zu strengen Anforderungen gestellt werden, damit das Beschwerderecht grundsätzlich einfach und unbürokratisch ausgeübt werden kann (vgl. Bergt, in: Kühling/Buchner, DS-GVO/BDSG, 2. Aufl. 2018, Art. 77, Rn. 10; Körffer, in: Paal/Pauly, DS-GVO/BDSG, 2. Aufl. 2018, Art. 77, Rn. 3). Gleichwohl muss die Beschwerde zumindest alle Informationen enthalten, die erforderlich sind, dass die Aufsichtsbehörde den Sachverhalt erfassen und gegebenenfalls weiter aufklären und etwaige Datenschutzrechtsverstöße prüfen kann. Die Beschwerde muss daher Angaben über die betroffene Person und den Verantwortlichen aufweisen und zumindest ansatzweise zum Ausdruck bringen, welcher Verstoß gegen datenschutzrechtliche Vorschriften gerügt wird (vgl. Mundil, in: Wolff/Brink, BeckOK Datenschutzrecht, 31. Edition, Stand: 1. Februar 2020, Art. 77, Rn. 7). Schließlich kann der Beschwerdeführer keine Ermittlungen ins Blaue hinein durch den LFDI beantragen. Dabei kann von der betroffenen Person zwar keine rechtliche Analyse erwartet werden, allerdings muss die Behauptung eines Rechtsverstoßes substantiiert durch Tatsachen dargelegt werden. Sofern die Beschwerde noch nicht hinreichend substantiiert ist, ist es Aufgabe der Aufsichtsbehörde den Beschwerdeführer hierauf hinzuweisen und auf eine Konkretisierung der Beschwerde hinzuwirken (vgl. Nemitz, in: Ehmann/Selmayr, DSGVO, 2. Aufl. 2018, Art. 77, Rn. 8).

2. Unter Anwendung des dargestellten Rechtsmaßstabs fehlt es hier an einer hinreichend substantiierten, überprüfbaren Beschwerde des Klägers. Der Kläger hat mit seiner Beschwerde vom 5. Februar 2019 zwar mitgeteilt, dass er Unterstützung bei seinem Auskunftsbegehren nach Art. 15 DSGVO benötige. Er habe verschiedene Behörden um Auskunft gebeten und verweise insofern auf seine beigefügten Anfrageschreiben an die jeweiligen Behörden sowie die Rückantworten des Sozialgerichts Mainz, des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz, der Staatskanzlei und der Generalstaatsanwaltschaft Koblenz. Aus seinem Beschwerdeschreiben und auch der weiteren Korrespondenz mit dem LFDI sowie aus seinem Vortrag im Klageverfahren ergibt sich jedoch nicht, ob und warum er überhaupt von einer Datenverarbeitung durch die angefragten Stellen ausgeht (a)), ob ihm alle angefragten Behörden geantwortet haben bzw. welche Behörden sich nicht zurückgemeldet haben (b)) und warum die Rückantworten, die er erhalten und seiner Beschwerde beigefügt hat, nicht ausreichen (c)).

a) Sofern der Kläger nicht erklärt, dass (und warum) er von einer Datenverarbeitung durch die verantwortliche Behörde ausgeht und sich dies auch nicht aus den Umständen ergibt, kann der LFDI teilweise bereits seine Zuständigkeit nicht prüfen.

Art. 55 Abs. 3 DSGVO regelt, dass die Aufsichtsbehörden – hier: der LFDI – nicht zuständig sind für die Aufsicht über die von den Gerichten im Rahmen ihrer justiziellen Tätigkeit vorgenommenen Verarbeitungen von personenbezogenen Daten (vgl. insofern auch Erwägungsgrund 20 der DSGVO). Das bedeutet, dass der LFDI keine Aufsichtsbefugnisse über Gerichte hat, sofern diese Tätigkeiten ausüben, die mit der gerichtlichen Entscheidungsfindung in Zusammenhang stehen (vgl. Selmayr, in: Ehmann/Selmayr, 2. Aufl. 2018, DS-GVO Art. 55 Rn. 12). Damit soll der verfassungsrechtlich gebotenen Unabhängigkeit der Justiz Rechnung getragen werden (vgl. Schaar, „Datenschutz und Rechtspflege“, DRiZ 2018, 166, beck-online). Die Gerichtsverwaltung ist von der Zuständigkeit der Aufsichtsbehörden hingegen nicht ausgenommen. Damit unterliegen die Verarbeitung personenbezogener Daten der Mitarbeiter der Justizverwaltung, die Datenverarbeitung bei der Mittelbeschaffung für die Gerichte sowie bei Justizverwaltungsakten und Rechtspflegetätigkeiten der Kontrolle des LFDI (vgl. Selmayr, in: Ehmann/Selmayr, DS-GVO, 2. Aufl. 2018, Art. 55, Rn. 14). In Bezug auf die Gerichte (Sozialgericht Mainz, Landessozialgericht Rheinland-Pfalz), an die der Kläger ein Auskunftsersuchen adressiert hat, konnte der LFDI mangels substantiierten Vortrags durch den Kläger nicht prüfen, ob sich die betroffene Datenverarbeitung – über die der Kläger eine Auskunft begehrt – auf die justizielle Tätigkeit der Gerichte oder die Gerichtsverwaltung bezieht. In seinem Schreiben vom 7. März 2019 führt der Kläger zwar aus, dass die jeweiligen Gerichtsverwaltungen Stellung zu seinen Anfragen genommen hätten. Es kommt für eine Überprüfung durch den LFDI jedoch nicht darauf an, wer das Auskunftsersuchen beantwortet, sondern wer die personenbezogenen Daten verarbeitet hat.

Ebenso war es dem LFDI nicht möglich, seine Zuständigkeit hinsichtlich der Beschwerde des Klägers in Bezug auf sein Auskunftsbegehren gegenüber dem Petitionsausschuss des Rheinland-Pfälzischen Landtags zu prüfen und positiv festzustellen. Gemäß § 2 Abs. 3 LDSG unterliegen der Landtag, seine Gremien, seine Mitglieder, die Fraktionen sowie deren Verwaltungen und deren Beschäftigte nicht den Bestimmungen dieses Gesetzes, soweit sie in Wahrnehmung parlamentarischer Aufgaben personenbezogene Daten verarbeiten. Der Landtag erlässt insoweit unter Berücksichtigung seiner verfassungsrechtlichen Stellung, der DSGVO und der Grundsätze des Landesdatenschutzgesetzes eine Datenschutzordnung. Soweit das Auskunftsersuchen des Klägers also eine Verarbeitung personenbezogener Daten betrifft, die im Rahmen parlamentarischer Aufgaben erfolgt ist, ist der LFDI als Aufsichtsbehörde nicht zuständig. Ob und inwieweit vorliegend eine Datenverarbeitung des Klägers im Bereich parlamentarischer Aufgaben von seinem Auskunftsersuchen betroffen ist, konnte der LFDI jedoch gar nicht erst prüfen, weil ihm insofern nicht hinreichende Informationen übermittelt wurden.

In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass der LFDI in seinen Schreiben vom 15. Februar 2019 und vom 1. April 2019 auf seine eingeschränkte Zuständigkeit hingewiesen und mitgeteilt hat, dass aus den Schreiben des Klägers ein Datenschutzverstoß nicht substantiiert erkennbar sei und deshalb um Konkretisierung der Beschwerde gebeten werde. Der Kläger wurde auf seine nicht prüffähige Beschwerde hingewiesen und hat zwei Mal die Möglichkeit erhalten, seine Beschwerde zu konkretisieren.

b) Aus der Beschwerde wird weiterhin nicht erkennbar, ob der Kläger von allen Behörden, an die er ein Auskunftsersuchen adressiert hat, eine Rückantwort erhalten hat. Er hat jedenfalls nur von manchen der angeschriebenen Behörden eine Antwort seiner Beschwerde beigelegt (Sozialgericht Mainz, Staatskanzlei Rheinland-Pfalz, Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Generalstaatsanwaltschaft Koblenz). In dem Schreiben des Sozialgerichts Mainz wird der Kläger nur darüber informiert, dass die Beschwerde zur Bearbeitung an die Gerichtsverwaltung weitergeleitet wurde, sodass nicht erkennbar ist, ob und in welcher Weise eine inhaltliche Beantwortung des Auskunftsersuchens später noch erfolgt ist und den rechtlichen Anforderung entspricht. In dem Schreiben des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 18. Januar 2019 wird nur Bezug genommen auf eine mit Schreiben vom 8. Januar 2019 wohl vom Landessozialgericht erteilte Antwort. Dieses Antwortschreiben hat der Kläger nicht seiner Beschwerde beigelegt, sodass ein etwaiger Verstoß gegen das Auskunftsrecht nach Art. 15 DSGVO nicht überprüfbar ist. Ob es Rückantworten des Petitionsausschusses des Landtags, des Justizministeriums und der Staatsanwaltschaft Mainz gab, wird aus der Beschwerde nicht erkennbar. Etwaige fehlende Antworten werden vom Kläger auch nicht ausdrücklich gerügt.

c) Zur Begründung seiner Beschwerde führt der Kläger zwar an, dass aus den ihm zugegangenen Antworten (mit Ausnahme der Angaben der Generalstaatsanwaltschaft Koblenz) nicht erkennbar sei, welche Dokumente er löschen lassen könne. Allerdings ist vom Auskunftsrecht nach Art. 15 Abs. 1 lit. e) DSGVO allein umfasst, dass die betroffene Person über das Bestehen ihres Rechts auf Löschung der sie betreffenden personenbezogenen Daten gemäß Art. 17 DSGVO informiert werden muss – wie es die Staatskanzlei Rheinland-Pfalz in ihrem Auskunftsschreiben (dem einzigen Schreiben, das der Kläger neben der Antwort der Generalstaatsanwaltschaft Koblenz vorgelegt hat) im Übrigen auch in rechtlich hinreichender Weise getan hat. Ein Anspruch auf Mitteilung, welche konkreten Dokumente mit personenbezogenen Daten vorhanden sind und gegebenenfalls gemäß Art. 17 DSGVO gelöscht werden müssen, lässt sich aus Art. 15 Abs. 1 DSGVO nicht ableiten. Aus seinem Auskunftsbegehren („ich nehme hiermit mein Auskunftsrecht nach Art. 15 DSGVO wahr und bitte um Rückantwort innerhalb der im Gesetz vorgesehenen Fristsetzung.“) ergibt sich auch weder, dass der Kläger etwa gemäß Art. 15 Abs. 3 DSGVO Kopien der personenbezogenen Daten, die Gegenstand der Verarbeitung bei dem jeweiligen Verantwortlichen sind, bekommen wollte, noch, dass er die Löschung seiner personenbezogenen Daten verlangt. Jedenfalls wäre es dem Kläger im Rahmen seiner Mitwirkungspflichten zuzumuten gewesen, im Falle einer aus seiner Sicht unzureichenden Beantwortung gegenüber der Behörde sein Auskunftsersuchen zu präzisieren und beispielsweise ausdrücklich eine Kopie zu verlangen. Im Übrigen ist auch nicht ersichtlich, dass eine betroffene Person für die Ausübung ihres Löschungsrechts nach Art. 17 DSGVO die Kenntnis bestimmter Dokumente benötigt; vielmehr dürfte es ausreichen die Löschung bestimmter personenbezogener Daten, die bei dem Verantwortlichen vorhanden sind, zu verlangen.

Darüber hinaus verlangt der Kläger aufgrund seiner Beschwerde offenbar, dass der LFDI Schulungen bei den verschiedenen Behörden durchführt. Hierauf hat der Kläger jedoch keinen durchsetzbaren Anspruch. Ebenso wenig kann er im Beschwerde- oder Klageverfahren eine einheitliche Rechtsanwendung durchsetzen, wobei insofern auch unklar ist, worin er anhand der verschiedenen, ihm zugegangenen Rückantworten der Behörden eine uneinheitliche Rechtsanwendung sieht.

Hinsichtlich der vom Kläger gerügten vermeintlich unvollständig und fehlerhaft geführte Verwaltungsakte ist nicht ersichtlich, in welcher Weise die Akte manipuliert sein soll und sich dieser Vorwurf auf das streitgegenständliche Verfahren auswirken könnte. In der Anpassung des Datums auf dem Bescheid vom 26. April 2019 (S. 77 der Verwaltungsakte) ist keine rechtswidrige Manipulation zu erkennen. Es ist offensichtlich, dass es sich bei dem Schreiben auf S. 77 der Verwaltungsakte um den finalen Entwurf des Bescheids handelte. Dies wird dadurch deutlich, dass der Landesdatenschutzbeauftragte Herr L. nur mit seinem Kürzel unterzeichnet hat und auf der Rückseite (S. 76 der Verwaltungsakte) eine interne Verfügung vermerkt ist. Dabei wurde in dem Schreiben das Datum der finalen Erstellung des Schreibens (Freitag, der 26. April 2019) über dem ursprünglich vermerkten Datum (24. April 2019) handschriftlich korrigiert. Diese Vorgehensweise wurde von dem Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung am 18. Juni 2020 auch bestätigt (vgl. Protokoll über die öffentliche Sitzung der 1. Kammer am 18. Juni 2020). Aus einer Datumskorrektur kann nicht ohne weitere Anhaltspunkte auf eine Aktenmanipulation geschlossen werden, zumal es auf das genaue Datum, an dem der Bescheid verfasst wurde, hier nicht ankommt. Die Verwaltungsakte ist allein dahingehend unvollständig, als sie eine Kopie des originalen, an den Kläger abgesendeten Bescheids über die finale Entwurfsfassung hinaus nicht zusätzlich in Kopie enthält. Wenngleich es wünschenswert wäre, dass der Beklagte auch den Originalbescheid in Kopie in die Verwaltungsakte aufnimmt, lässt sich aus der bisherigen Verwaltungspraxis des Beklagten für den Kläger keine Rechtsverletzung ableiten, zumal das Schreiben auf S. 77 – bis auf das handschriftlich korrigierte Datum – inhaltlich identisch ist mit dem Bescheid, den der Kläger nachweislich (Bl. 1 (Rückseite) der Gerichtsakte) erhalten hat. Entgegen der Auffassung des Klägers muss die Verwaltungsakte auch nicht die innere Entscheidungsbildung der Behördenmitarbeiter im Einzelnen abbilden.

Dem Kläger wurde auch Akteneinsicht im Sinne von § 100 VwGO gewährt. Er ist zwei Mal im Verwaltungsgericht erschienen, um Einsicht in die Akte zu nehmen; ihm wurden weitere Möglichkeiten zur Akteneinsicht angeboten, die er nicht wahrgenommen hat. Darüber hinaus wurde dem Kläger zwar verwehrt Fotografien oder Kopien von der Verwaltungsakte selbst zu erstellen, ihm wurde aber angeboten, dass auf seine Kosten Kopien durch die Geschäftsstelle angefertigt werden. Von dieser Möglichkeit hat er keinen Gebrauch gemacht.

Im Übrigen geht der Verweis des Klägers auf eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Mainz vom 5. April 2017 (– 3 K 569/16.MZ –) fehl, da es darin nicht um eine Akteneinsicht in Gerichts- und Verwaltungsakten nach § 100 VwGO ging, sondern um die Gebührenfreiheit bei der Einsichtnahme in amtliche Informationen vor Ort nach § 13 Abs. 1 Satz 2 Landesinformationsfreiheitsgesetz – LIFG –.


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LG Essen: 3.000 EURO Vertragsstrafe für fehlende Aufsichtsbehörde im Impressum auf Drittplattform - Unternehmen haftet für Fehler der Mitarbeiter nach § 278 BGB

LG Essen
Urteil vom 03.06.2020
44 O 34/19


Das LG Essen hat entschieden, dass ein Unternehmen hinsichtlich der Einhaltung einer zuvor abgegebenen strafbewehrten Unterlassungserklärung für seine Mitarbeiter nach § 278 BGB haftet. Vorliegend ging es um ein fehlerhaftes Impressum auf einer Drittplattform.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Der Kläger hat einen Anspruch auf Zahlung der Vertragsstrafe in Höhe von 3.000,00 € gegen die Beklagte gemäß § 339 S. 1, 2 BGB in Verbindung mit der Unterlassungserklärung, § 311 Abs. 1 BGB. Die Parteien haben einen wirksamen Unterlassungsvertrag mit einer wirksamen Vertragsstrafenvereinbarung geschlossen. Ein entsprechender Vertrag mit Strafversprechen im Sinne der §§ 339 ff. BGB wurde durch die Unterlassungserklärung der Beklagten vom 28.3.2018 und Annahme seitens des Klägers am 29.3.2018 begründet. In diesem verpflichtet sich die Beklagte gegenüber dem Kläger es zu unterlassen, Telemedien im Sinne des § 1 Abs. 1 TMG anzubieten, ohne innerhalb dieser angebotenen Telemedien leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar im Impressum die zuständige Aufsichtsbehörde anzugeben, die die aus der Erteilung der Erlaubnis nach § 34 c GewO resultierenden Verpflichtungen überwacht. Für den Fall der Zuwiderhandlung verpflichtete sich die Beklagte zur Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 3.000 Euro an den Kläger.

Dieser Vertrag ist auch entgegen der Ansicht der Beklagten insgesamt wirksam. Insbesondere ergibt sich keine Unwirksamkeit nach § 307 Abs. 1 BGB. Die §§ 305 ff. BGB sind auf Unterlassungsverträge mit der Maßgabe anwendbar, dass sich die Inhaltskontrolle im unternehmerischen Verkehr nach den §§ 307, 310 Abs. 1 BGB richtet (Schaub in: Erman, BGB, 15. Aufl. 2017, Vorbemerkung vor § 339, Rn. 4; ebenda, § 339 BGB, Rn. 1). Es liegt eine allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne von § 305 Abs. 1 BGB vor. Bei der Vereinbarung, die die Grundlage des geltend gemachten Vertragsstrafenanspruchs darstellt, handelt es sich um eine allgemeine Geschäftsbedingung des Klägers, die dieser, ohne vorher im Sinne von § 305 Abs. 3 BGB ausgehandelt worden zu sein, einseitig stellte. Hierfür spricht, dass die Unterlassungserklärung bereits mit der Abmahnung übersandt wurde. Ferner folgt aus der inhaltlichen Gestaltung („Ich/Wir verpflichte(n) mich/uns“), dass es sich um für eine Vielzahl von Fällen vorformulierte Bedingungen im Sinne von § 305 Abs. 1 BGB handelt. Die Inhaltskontrolle ist auch nach § 307 Abs. 3 BGB eröffnet, da es sich nicht um bloß deklaratorische Bestimmungen, sowie nicht Hauptleistungspflichten oder das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung handelt. Es fehlt jedoch an der, von der Beklagten behaupteten, unangemessenen Benachteiligung entgegen den Geboten von Treu und Glauben. Eine unangemessene Benachteiligung im Sinne von § 307 Abs. 1 BGB liegt vor, wenn der Verwender der Klausel missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten des Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne die des Vertragspartners von vornherein hinreichend zu berücksichtigen (BGH, Urteil vom 13. November 2013 – I ZR 77/12 – , Rn. 13). Die Prüfung erfolgt dabei anhand eines generalisierenden, überindividuellen Maßstabs, dem eine von den im Einzelfall bestehenden Besonderheiten abstrakte, typisierende Betrachtung zu Grunde zu legen ist (Beater in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 9. Aufl., § 339 BGB (Stand: 01.02.2020), Rn. 75; BGH, Urteil vom 13. November 2013 – I ZR 77/12 –, Rn. 13).

Die Unterlassungserklärung verpflichtet die Beklagte im Sinne dieses generalisierenden Maßstabs nicht, eine ihr unmögliche Handlung vorzunehmen. Die Beklagte hat sich in der Unterlassungserklärung lediglich verpflichtet, das Anbieten von Telemedien ohne die Nennung der Aufsichtsbehörde zu unterlassen. Insofern geht die Behauptung der Beklagten fehl, es liege ein Fall der subjektiven Unmöglichkeit vor, da nicht ersichtlich ist, warum die Nennung der richtigen Aufsichtsbehörde generell nicht durch die Beklagte erfolgen kann.

Die Beklagte kann auch nicht mit der Behauptung gehört werden, eine unangemessene Benachteiligung ergebe sich daraus, dass der Kläger mit Schreiben vom 14.5.2018 mitteilte, dass die für die Beklagte zuständige Aufsichtsbehörde der Kreis S sei. Insoweit ist nicht ersichtlich, wie sich die Äußerung am 14.5.2018 auf die Wirksamkeit der zuvor am 28.3.2018 abgegebene Unterlassungserklärung auswirken soll. Denn der Beurteilungszeitpunkt für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 307 Abs. 1 BGB ist der Zeitpunkt des Vertragsschlusses (vgl. BGH, Urteil vom 30. März 2010 - XI ZR 200/09, NJW 2010, 2041 Rn. 30; BGH, Urteil vom 13. November 2013 – I ZR 77/12 –, Rn. 13).

Eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners im Sinne des § 307 Abs. 1 BGB durch eine erhebliche und in dieser Höhe unübliche Vertragsstrafe liegt ebenso nicht vor. § 348 HGB wirkt sich auf die Inhaltskontrolle der Klausel nicht aus (Steimle/Dornieden in: Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, HGB, 5. Aufl. 2019, § 348 HGB, Rn. 18). Die Höhe der Vertragsstrafe von 3.000 EUR ist angemessen, weil die Beklagte wiederholt gegen den Unterlassungsvertrag verstoßen hat. Die Beklagte muss durch eine hohe Vertragsstrafe dazu angehalten werden, es künftig zu unterlassen, Telemedien im Sinne des § 1 Abs. 1 TMG anzubieten, ohne innerhalb dieser angebotenen Telemedien leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar im Impressum die zuständige Aufsichtsbehörde anzugeben, die die aus der Erteilung der Erlaubnis nach § 34c GewO resultierenden Verpflichtungen überwacht. Im kaufmännischen Verkehr ist der Unterlassungsschuldner generell weniger schutzwürdig und es überwiegt die Präventivfunktion der Strafe (Beater in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 9. Aufl., § 339 BGB (Stand: 01.02.2020), Rn. 83). Auch muss die drohende Strafe hoch angesetzt werden, da der Unterlassungsschuldner nicht etwa, wie bei Austauschverträgen, durch vertragsoriginäres Eigeninteresse zur eigenen Vertragstreue angehalten wird.

Die Grenze, die erst dann überschritten sein soll, wenn die Strafe „bereits auf den ersten Blick außer Verhältnis zu dem mit der Vertragsstrafe sanktionierten Verstoß und den Gefahren steht, die mit möglichen zukünftigen Verstößen für den Unterlassungsgläubiger verbunden sind“ (BGH 13. 11. 2013 - I ZR 77/12, NJW 2014, 2180, Rn, 19), ist hier nicht erreicht.

Denn es handelt sich nicht um nicht abmahnfähige Bagatellverstöße. Dies gilt zum einen, da die vertragsstrafengesicherte Unterlassungserklärung ausdrücklich unter Anerkennung der gerügten Wettbewerbsverstöße erfolgte. Mit der vertraglichen Absicherung einer gesetzlichen Pflicht einigen sich die Parteien in aller Regel auch darüber, dass die gesetzliche Pflicht besteht (vgl. Rieble in: Staudinger (2015), Vorbemerkungen zu §§ 339 ff, Rn. 103). Die Vertragsstrafe dient vorliegend zur Durchsetzung einer solchen gesetzlichen Pflicht aus § 5 Abs. 1 Nr.3 TMG. Insoweit kann die Beklagte nicht damit gehört werden, das Unterlassen der Angabe stelle keinen Verstoß dar, da sie doch gerade diesen Verstoß gegen gesetzliche Vorschriften zuvor anerkannt hat. Auch liegt tatsächlich ein Verstoß gegen § 3 a UWG vor, so dass der Vertragstext der Unterlassungserklärung nicht weiter geht, als es die gesetzlichen Vorschriften des Wettbewerbsrecht verlangen. § 5 TMG enthält Marktverhaltensregeln. Das Vorenthalten der dort festgelegten Informationspflichten ist stets spürbar im Sinne von § 3 a UWG, da die dort enthaltenen Verbraucherschutzvorschriften der Umsetzung von Unionsrecht dienen (vgl. BGH, Urteil vom 25.02.2016 I ZR 238/14, Rn.34).

Zum anderen steht die Vertragsstrafe auch nicht außer Verhältnis zum sanktionierten Verstoß und den, mit einem etwaigen zukünftigen Verstoß verbundenen Gefahren für den Unterlassungsgläubiger. § 5 Abs. 1 Nr. 3 TMG dient dem Verbraucherschutz und der Transparenz (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 26.07.2017 I – 15 U 100/16, S.7). Hierdurch soll es dem Verbraucher ermöglicht werden, sich bei der angegebenen Aufsichtsbehörde über den Bestand der Genehmigung (etwa der nach § 34 c I Nr.1 GewO) und somit letztlich über die Zuverlässigkeit des Gewerbetreibenden zu informieren. Angesichts dieser Zielsetzung wird somit ein wichtiges Ziel, die Einhaltung der Verbraucherschutzvorschriften, angestrebt.

Ferner ist der Verstoß gegen die Marktverhaltensregeln des § 5 TMG auch im Zusammenhang mit dem großen wirtschaftlichen Nutzen des Internets für die Beklagte und der dadurch erreichbaren hohen Reichweite des geschäftlichen Verkehrs zu sehen. Soweit die Beklagte im Internet für ihre Dienstleistungen werben will, hat sie auch die entsprechende unternehmerische Sorgfalt walten und sich anderenfalls die Folgen von fehlerhaften oder fehlenden Informationen vorhalten zu lassen.

Gegen diesen Unterlassungsvertrag wurde verstoßen, indem mindestens am 11.6.2018 die Angabe der zuständigen Aufsichtsbehörde im Impressum des Internetauftritts bei der Plattform G entgegen § 5 Abs. 1 Nr. 3 TMG fehlte und somit die Vertragsstrafe verwirkt wurde, § 339 S. 2 BGB.

Diesen Verstoß hat die Beklagte auch zu vertreten. Der Haftungsmaßstab richtet sich nach den §§ 276, 278 BGB, § 347 I HGB. Für das Fehlen des grundsätzlich vermuteten Verschuldens trägt der Schuldner, also die Beklagte, die Beweislast (Beater in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK- BGB, 9. Aufl., § 339 BGB (Stand: 01.02.2020), Rn. 66). Zwar trägt die Beklagte vor, sie sei ihrer aus der Unterlassungserklärungen resultierenden Pflicht nachgekommen, in dem sie alles versucht habe, um auf den ehemaligen Mitarbeiter einzuwirken und bei G die Löschung beantragt habe.

Dies kann jedoch dahinstehen, da ihr auch ein Verschulden des ehemaligen Mitarbeiters nach § 278 Alt. 2 BGB zuzurechnen ist. Denn hiernach hat der Schuldner sich das Verschulden seiner Erfüllungsgehilfen auch bezüglich einer Unterlassung zurechnen zu lassen (Caspers in: Staudinger, 2019, BGB § 278, Rn. 42; Heymann in: Heymann, HGB, 2. Aufl., § 348, Rn. 5). Dieser Gedanke, wie etwa § 8 Abs. 2 UWG zeigt, ist auch dem Wettbewerbsrecht nicht fremd. Verhindert werden sollen gerade solche Konstellationen, in denen sich der Unternehmensinhaber, hinter seinen Arbeitnehmern verstecken will. Auch das zwischenzeitliche Ausscheiden des Mitarbeiters vermag nicht an der Haftung der Unternehmensinhabers zu ändern (Seichter in: Ullmann, jurisPK-UWG, 4. Aufl., § 8 UWG (Stand: 26.03.2020), Rn. 151). Soweit also die Beklagte vorträgt, der Wettbewerbsverstoß sei nicht von ihr, sondern von einem ehemaligen Mitarbeiter begangen worden, führt dies nicht zu einer Widerlegung der Verschuldensvermutung.

Vielmehr muss sich die Beklagte auch Wettbewerbsverstöße zurechnen lassen (BGH 15.5.1985 - I ZR 25/83, NJW 1986, 127; BGH 30.3.1988 - I ZR 40/86, NJW 1988, 1907, 1908; BGH 22.1.1998 - I ZR 18/96, NJW 1998, 3342, 3343 f.; BGH 30.4.1987 - I ZR 8/85, NJW 1987, 3253 f.; OLG Frankfurt 6.6.1974 - 6 U [Kart] 15/74, NJW 1974, 2239; OLG Jena 5.5.2015 - 2 U 41/15 Rn. 4, WRP 2015, 1016).

Der Verstoß ist auch nicht bereits durch die Zahlung der Beklagten vom 29.5.2018 abgegolten. Denn die Parteien haben in ihrer Strafabrede vereinbart, dass die Vertragsstrafe bei jeder Zuwiderhandlung verwirkt sein soll. Jedenfalls scheint ein Abstand der jeweiligen Mahnung von fast einem Monat nicht dafür zu sprechen, von einem zeitlich einheitlichen Verstoß auszugehen. Ferner spricht der Sinn der wettbewerbsrechtlichen Abmahnung nicht dafür, von nur einem Verstoß auszugehen. Denn aus der Unterlassungserklärung geht nicht der Wille hervor, nur einen Verstoß mahnen und bestehende oder weitere Verstöße dulden zu wollen.

Auch steht der Geltendmachung der Vertragsstrafe nicht das aus § 242 BGB folgende Gebot „venire contra factum proprium“ entgegen. Der Einwand rechtsmissbräuchlichen Verhaltens wäre gerechtfertigt, wenn im Rahmen einer wertenden Betrachtung der Gläubiger letztlich für den Strafverfall allein verantwortlich ist. Die Beklagte beruft sich hier auf das Schreiben vom 14.5.2018, in dem der Kläger den „Kreis S, L-Allee … in … S1“ als zuständige Aufsichtsbehörde aufführt.

Insoweit mag der Vorwurf, der Kläger habe sich widersprüchlich verhalten, nicht den Ausschluss nach § 242 BGB begründen. Vorliegend könnte ein relevantes widersprüchliches Verhalten nur angenommen werden, wenn ein Verhalten des Klägers für den Verstoß gegen die Unterlassungserklärung ursächlich gewesen wäre. Dies ist jedoch nicht der Fall. Denn eine richtige Impressumsangabe unterblieb gänzlich und erfolgte nicht bloß, wegen des benannten Klägerschreibens, unrichtig.

Hier ist jedoch nicht ersichtlich, warum eine gegebenenfalls ungenaue Angabe der Aufsichtsbehörde durch den Kläger dafür ursächlich war, dass eine Angabe bei G gänzlich unterblieb. Letztlich obliegt es auch der Beklagten sicherzustellen, dass die ihr zuzurechnenden Telemedien den gesetzlichen Anforderungen entsprechen.

Ferner steht der Geltendmachung der Vertragsstrafe unter diesem Gesichtspunkt auch die aus § 8 Abs. 4 UWG folgende Wertung nicht entgegen. Denn ein Missbrauch würde voraussetzen, dass für den Gläubiger rechtsfremde Motive bei der Geltendmachung leitend waren (Seichter in: Ullmann, jurisPK-UWG, 4. Aufl., § 8 UWG (Stand: 26.03.2020), Rn. 201). Ausschlaggebend bei der Bestimmung eines solchen Missbrauchs muss vorliegend der mit § 8 Abs. 4 UWG intendierte rechtspolitische Zweck, nämlich die Begrenzung eines kommerziellen Abmahnungswesens, sein. Entsprechende Tatsachen, die eine solche Annahme rechtfertigen könnten, wurden von dem Beklagten nicht vorgetragen.

Bezüglich der vorgebrachten subjektiven Unmöglichkeit ist das Vorbringen der Beklagten widersprüchlich, so dass dieses nicht im Rahmen einer, der Inhaltskontrolle nachgeschalteten, Ausübungskotrolle nach § 242 BGB berücksichtigt werden kann. Zwar lässt sie vortragen, dass sie selber die Zugangsdaten für die G-Seite nicht habe. Andererseits behauptet sie in den vorgerichtlichen Schriftsätzen, sie habe die „systemimmanente Löschfunktion“ veranlasst und zitiert die von G verschickte Bestätigung („Bitte beachte, dass deine Seite erst nach 14 Tagen dauerhaft gelöscht wird“). Insoweit ist dem Gericht nicht ersichtlich, wie ohne Kenntnis der Zugangsdaten überhaupt eine solche systemimmanente Löschung erfolgen konnte, die doch zwangsläufig nur von dem autorisierten Betreiber der Seite nach Bestätigung der Zugangsdaten erfolgen kann. Der Beklagten obliegt es insgesamt, wenn sie eine solche Unterlassungserklärung unterzeichnet, bestmöglich sicherzustellen, dass weitere Verstöße unterbleiben (vgl. BGH, Urteil vom 13. November 2013 – I ZR 77/12 –, Rn. 26). Dies hätte, abstrakt gesehen, einfach erfordert, die richtigen Angaben entsprechend einzufügen. Wählt die Beklagte hingegen von sich aus die Löschung ihres Accounts, so begründet dies keine Verpflichtung zu einer unmöglichen Handlung, sondern ist lediglich Ausdruck ihres Unvermögens im Sinne der abgegebenen Verpflichtung zu handeln. In diesem Sinne hat die Beklagte durch das Einleiten des Löschvorgangs selbstverschuldet den Einfluss aus der Hand gegeben.

Der Geltendmachung steht auch nicht der Gesichtspunkt der unzulässigen Rechtsausübung im Sinne der Verwirkung entgegen. Erforderlich für die Annahme einer Verwirkung ist das Vorliegen eines Zeit- und ein Umstandsmoments. Der Gläubiger muss ein ihm zustehendes Recht innerhalb eines gewissen Zeitraums nicht ausgeübt haben, so dass sich der Schuldner in schutzwürdiger Weise darauf verlassen durfte, nun nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (Looschelders/Olzen in: Staudinger, 2019, BGB § 242, Rn. 300). Die Beklagte beruft sich zu Unrecht darauf, der Umstand, dass der Kläger seit dem 22.6.2018 von der Anspruchsverfolgung abgesehen habe, begründe die Verwirkung des Rechts. Denn gerade in dem Schreiben vom 22.6.2018 behält sich der Kläger die Wahrnehmung seiner Rechte vor, indem er klarstellt, dass das momentane Absehen von gerichtlichen Maßnahmen nicht die Duldung bestehender oder weiterer Zuwiderhandlungen enthalte. Ferner spricht gerade der durch § 5 TMG verfolgte Verbraucherschutz und das Interesse der Allgemeinheit an dessen strikter Durchsetzung gegen eine Verwirkung.

Die geltend gemachte Zinsforderung ergibt sich aus §§ 280 Abs. 1 und 2, 286, 288 Abs. 1, 247 BGB. Das Schreiben vom 12.6.2018 hatte verzugsbegründende Wirkung. Die geltend gemachte Vertragsstrafe ist wirksam und durchsetzbar. Nach Fristablauf am 20.6.2018 war die Zahlung fällig, so dass sich die Beklagte am 21.6.2018 im Verzug befand. Die Verschuldensvermutung nach § 286 Abs. 4 BGB wurde nicht widerlegt. Zwar stellt der Kläger in seinem Schreiben vom 15.8.2019 auf das Schreiben vom 14.5.2018 ab, dass den Verzug ab dem 21.06.2018 begründet haben soll. Die in dem Schreiben vom 15.8.2019 geforderte Vertragsstrafe wurde jedoch unstreitig gezahlt, so dass sich die Beklagte mit dieser nicht in Verzug befinden kann. Angesichts des richtig angegeben Verzugsbeginns (21.06.2018) ist das Schreiben der Klägerin jedoch dahingehend auszulegen, dass es sich um das Schreiben vom 12.6.2018 und die darin geforderte erneute Vertragsstrafe handeln soll."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



VG Ansbach: Kein individueller Anspruch auf Einschreiten der Datenschutzbehörde und Einleitung bestimmter Maßnahmen - keine Anspruchsgrundlage in DSGVO

VG Ansbach
Urteil vom 08.08.2019
AN 14 K 19.00272

Auch das VG Ansbach hat entschieden, dass kein individueller Anspruch auf Einschreiten der Datenschutzbehörde und Einleitung bestimmter Maßnahmen besteht. Die DSGVO enthält keine entsprechende Anspruchsgrundlage.

Aus den Entscheidungsgründen:

"1.2. Die Klage ist als Leistungsklage statthaft. Der Kläger hat einen sehr umfassenden Klageantrag gestellt, und zwar im Schriftsatz vom 9. Februar 2019, ergänzt um sein Begehren im Schriftsatz vom 18. Februar 2019. Letztlich geht es ihm dabei um die Reichweite der inhaltlichen Befassung der Aufsichtsbehörde mit seiner Beschwerde sowie um aufsichtliches Einschreiten des staltung er ins Ermessen des Beklagten unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichtes stellt.

Der Erwägungsgrund 143 zur DS-GVO besagt, dass ein Verfahren gegen eine Aufsichtsbehörde „im Einklang mit dem Verfahrensrecht“ des Mitgliedstaats durchzuführen ist. Die unionsrechtlichen Grundlagen haben zu den Sondervorgaben des § 20 BDSG (Bundesdatenschutzgesetz) geführt, der aber zunächst auf die allgemeinen Vorschriften der VwGO verweist, § 20 Abs. 2 BDSG.

Beim streitgegenständlichen Schreiben des Beklagten vom 21. Januar 2019 handelt es sich um eine vom Verwaltungsgericht gemäß Art. 78 DS-GVO überprüfbare Maßnahme mit Außenwirkung, jedoch nicht um einen Verwaltungsakt im Sinne von Art. 35 BayVwVfG mit Regelungscharakter, so dass nicht die Anfechtungsklage, sondern die allgemeine Leistungsklage statthaft ist. Der Antrag des Klägers in der Klageschrift ist dahingehend auszulegen, § 88 VwGO.

Ein Verwaltungsakt im Sinne von Art. 35 BayVwVfG setzt eine einseitige Maßnahme eines Hoheitsträgers auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts für einen konkreten Einzelfall voraus, die Regelungswirkung mit Außenwirkung entfaltet. Vorliegend fehlt es am Regelungscharakter der Abschlussmitteilung vom 21. Januar 2019.

Das Schreiben des Beklagten vom 21. Januar 2019 ist auch kein sog. feststellender Verwaltungsakt, also ein Bescheid mit der verbindlichen Feststellung eines Rechtsverhältnisses oder sich daraus ergebender Rechte und Pflichten, die mit Rechtsbeständigkeit festgestellt werden sollen (vgl. BayVGH, B.v. 21.3.2002 - 24 ZB 01.592 -, juris). Hier sollte dem Kläger eine Rechtsauskunft erteilt werden, es sollten aber nicht mit verbindlicher Feststellung i.S. des Art. 35 BayVwVfG strittige Rechte oder Pflichten geregelt werden.

Zwar kommt es dafür, ob ein behördliches Schreiben eine verbindliche Regelung durch Verwaltungsakt enthält, auf eine Auslegung nach den im öffentlichen Recht entsprechend anwendbaren Normen der §§ 133, 157 BGB an. Maßgeblich ist also nicht der innere Wille der Behörde, sondern der erklärte Wille, wie ihn der Empfänger bei objektiver Würdigung verstehen konnte, wobei Unklarheiten zu Lasten der Verwaltung gehen. Hier hat der Beklagte lediglich Auskunft darüber gegeben, dass er das Verhalten der Kreissparkasse für Rechtens erachtet und keinen Anlass für ein datenschutzaufsichtliches Einschreiten erkennt, aber nicht zu erkennen gegeben, dass in einer rechtlich ungewissen Situation die Sach- und Rechtslage in diesem Einzelfall durch eine verbindliche Feststellung mit Bindungswirkung als bestehend oder nicht bestehend festgestellt, konkretisiert bzw. individualisiert wird (s. OVG NRW, B.v. 29.9.2016 - 14 B 1056/16 -, juris).

Mangels eines Verwaltungsaktes ist die Rechtsbehelfsbelehrung:des Beklagten im Schreiben vom 21. Januar 2019 unrichtig. Es ist zwar korrekt und durch Art. 77 Abs. 2 DS-GVO sogar geboten, den Kläger auf seine Möglichkeit der Einlegung eines Rechtsmittels hinzuweisen. Die in der Rechtsbehelfsbelehrung:enthaltene Monatsfrist würde aber einen Verwaltungsakt voraussetzen, der nicht vorliegt. Der Antrag des Klägers indes ist nicht auf einen bestimmten Verwaltungsakt des Beklagten, sondern auf ein allgemein aufsichtliches Einschreiten gerichtet (auch im Hilfsantrag), kennzeichnend für eine Leistungsklage. Hätte der Kläger eine ganz konkrete Maßnahme im Sinne eines Verwaltungsaktes vom Beklagten verlangt, hätte er also seine Beschwerde gemäß Art. 77 DS-GVO in diesem Sinne an die Aufsichtsbehörde gerichtet, und hätte der Beklagte diese so gestaltete Beschwerde abgelehnt, wäre die Verpflichtungsklage in Form der Versagungsgegenklage in Frage gekommen. Dann wäre die Ablehnung der Beschwerde als ein Verwaltungsakt zu qualifizieren, der den Erlass eines Verwaltungsaktes ablehnen würde.

Für den Fall, dass es sich bei einer Abschlussmitteilung einer Aufsichtsbehörde nach der DSGVO - wie hier - um keinen Verwaltungsakt handelt, ist die Leistungsklage nach Art. 78 DSGVO statthaft. Das Klagerecht aus Art. 78 Abs. 1 DS-GVO erfasst damit umfassend auch die Ablehnung oder Zurückweisung einer Beschwerde nach Art. 77 DS-GVO (vgl. 143. Erwägungsgrund zur DS-GVO zur Ablehnung oder Abweisung von Beschwerden). Wird eine Maßnahme von der Aufsichtsbehörde erbeten, die ein schlichtes Verwaltungshandeln zum Gegenstand hat, ist die allgemeine Leistungsklage die statthafte Klageart, so dass umfassender Rechtsschutz besteht. Zulässige Streitgegenstände können sämtliche rechtsverbindliche Maßnahmen einer Aufsichtsbehörde sein. Unter rechtsverbindlich i.d.S. sind nicht nur Verwaltungsakte zu verstehen, sondern sämtliche Handlungen, die Außenwirkung besitzen, also Auswirkungen auf die Rechte des Betroffenen oder des Verantwortlichen i.S.d. DS-GVO haben können. Solche Auswirkungen sind auf allen Ebenen eines Verwaltungsverfahrens denkbar.

Die Rechtsansicht des Verwaltungsgerichts Berlin vom 28. Januar 2019 (AZ. VG 1 L 1.19), das bei Beschwerden nach der DS-GVO von Petitionen ausgeht, geht dabei zu weit. Ein eine Petition beantwortendes Schreiben wäre jedenfalls kein Verwaltungsakt im Sinne von § 42 VwGO (BVerwG, B.v. 1.9.1976 - VII B 101.75 -, juris; unstreitig, keine unmittelbare rechtliche Außenwirkung, sondern nur die tatsächliche Erfüllung der Verpflichtung aus Art. 17 GG; kein Gebot der Möglichkeit einer Anfechtungsklage aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG). Nach der DS-GVO indes hat der Bürger nicht nur einen Anspruch auf Verbescheidung, sondern ggf. einen Anspruch auf Einschreiten der Aufsichtsbehörde (bei Ermessenreduzierung auf Null, sonst Anspruch auf fehlerfreie Ermessensausübung), die aufgrund Art. 58 DS-GVO umfassende Eingriffskompetenzen hat (i.d.R. im Gegensatz zum Petitionsadressaten). Das Schreiben des Beklagten vom 21. Januar 2019 ist nicht lediglich die Beantwortung einer Petition.

1.3. Es besteht für den Kläger eine Klagebefugnis aus Art. 78 Abs. 1 DS-GVO gegen die Zurückweisung der Beschwerde des Klägers nach Art. 77 DS-GVO. Der Kläger ist ebenso klagebefugt im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO, denn § 42 Abs. 2 VwGO ist für die Klagebefugnis nach herrschender Ansicht analog auf die Leistungsklage anzuwenden, da die Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG dann greift, wenn ein Bürger durch die öffentliche Gewalt in seinen subjektiven Rechten verletzt ist. Es ist aber fragwürdig, ob neben Art. 78 DS-GVO (Unionsrecht mit Anwendungsvorrang) § 42 VwGO insoweit überhaupt noch anwendbar ist, da die Betroffenheit in subjektivöffentlichen Rechtspositionen eine namentlich deutsche Zulässigkeitsvoraussetzung für eine Klage darstellt. Da im Hinblick auf Maßnahmen des Art. 58 DS-GVO der Kläger aber auch im Hinblick auf § 42 VwGO möglicherweise in seinen Rechten tangiert sein könnte, wären auch die Voraussetzungen des § 42 VwGO erfüllt, so dass der Kläger jedenfalls klagebefugt ist.

1.4. Aufgrund des Vorliegens einer Leistungsklage war im gegebenen Verfahren keine Klagefrist zu wahren. Die auf eine Monatsfrist hinweisende Rechtsbehelfsbelehrung:in der Abschlussmitteilung des Beklagten vom 21. Januar 2019 ist insofern unrichtig.

1.5. Gemäß § 20 Abs. 5 Satz 1 BDSG sind die Beteiligten eines Verfahrens nach § 20 Abs. 1 Satz 1 BDSG die natürliche Person als Kläger sowie die Aufsichtsbehörde als Beklagter. Der Kläger ist Beteiligter gemäß § 20 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 BDSG. Beklagter ist das Bayerische Landesamt … … Zwar wäre gemäß § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO die Klage gegen den Rechtsträger des Landesamtes zu richten, hier also gegen den Freistaat Bayern. Vorrangig vor § 78 VwGO ist aber § 20 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 BDSG als lex specialis, wonach die Aufsichtsbehörde direkt als Beklagte beteiligt ist. Mithin liegt eine unionsrechtlich durch die Selbstständigkeit der Aufsichtsbehörde bedingte abweichende bundesrechtliche Spezialregelung vor (so auch Mundil, in BeckOK, Datenschutzrecht, Wolff/Brink, 28. Edition, 1.5.2018, Rn. 5 zu § 20 BDSG, Lapp, in Gola/Heckmann, BDSG, Kommentar, 13. Auflage 2019, Rn 12 zu § 20 BDSG, Bergt in Kühling/Buchner, DS-GVO, BDSG, 2. Auflage 2018, Rn 10 zu § 20 BDSG, a. A. wohl nur Frenzel in Paal/Pauly, DS-GVO/BDSG, 2. Auflage 2018, Rn. 10 zu § 20 BDSG, ohne Begründung hierfür). Die hier zum Ausdruck kommende unionsrechtlich vorgegebene Selbstständigkeit der Aufsichtsbehörde würde im Übrigen, falls es sich beim Schreiben vom 21. Januar 2019 um einen Verwaltungsakt gehandelt hätte, dazu führen, dass gem. § 20 Abs. 6 BDSG kein Vorverfahren stattfindet.

1.6. Im vorliegenden Fall hat das Gericht von einer Beiladung der Kreissparkasse … … … abgesehen. § 20 Abs. 5 BDSG bestimmt, dass natürliche oder juristische Personen Kläger oder Antragsteller (§ 20 Abs. 5 Satz 1 Nummer 1 BDSG) sind und die Aufsichtsbehörden Beklagte oder Antraggegner (§ 20 Abs. 5 Satz 1 Nummer 2 BDSG). In § 20 Abs. 5 Satz 2 BDSG ist aber festgelegt, dass § 63 Nummer 3 und 4 VwGO nicht tangiert wird, was zur Folge hat, dass Beiladungen möglich sind. Zwar ist der Zweck einer Beiladung der der Prozessökonomie und Rechtseinheitlichkeit, wobei hier durch die Schaffung verwaltungsrechtlicher Rechtsbehelfe in den Art. 78 DS-GVO und gleichzeitig der Möglichkeit, gegen den Verantwortlichen selbst gerichtlich vorzugehen, die Existenz sich widersprechender gerichtlicher Entscheidungen für denselben Sachverhalt vom Normgeber in Kauf genommen wird. Der Prozess des Betroffenen gegen die Aufsichtsbehörde, der Prozess ggf. des Verantwortlichen (hier wäre das die Kreissparkasse … … …) gegen die Aufsichtsbehörde sowie der Prozess des Betroffenen gegen den Verantwortlichen haben unterschiedliche Streitgegenstände, da zum Beispiel der Klageantrag gegen die Aufsichtsbehörde aufgrund des weiten Entschließungs- und Auswahlermessens der Aufsichtsbehörde normalerweise nur auf ein aufsichtliches Einschreiten - wie hier - gerichtet ist, wohingegen regelmäßig ein Anfechtungsantrag im Prozess des Verantwortlichen gegen eine Anordnung der Aufsichtsbehörde eine ganz konkrete Maßnahme betrifft.

Es liegt hier kein Fall der notwendigen Beiladung im Sinne des § 65 Abs. 2 VwGO vor, da der für eine notwendige Beiladung erforderliche unmittelbare Eingriff in die Rechtsposition der Kreissparkasse … … … nicht schon durch eine gerichtliche Verpflichtung des Beklagten zum aufsichtlichen Einschreiten gegeben wäre, sondern erst durch dieses Einschreiten selbst, also die Umsetzung durch die Aufsichtsbehörde, die Kreissparkasse … … … unmittelbar betroffen wäre. Die Kreissparkasse … … … ist deshalb an dem streitigen Rechtsverhältnis zwischen dem Kläger und dem Beklagten nicht derart beteiligt, dass die Entscheidung darüber auch ihr gegenüber nur einheitlich ergehen kann, wie § 65 Abs. 2 VwGO es fordert. Vergleichbar ist dies etwa mit der Verpflichtungsklage eines Bauherrn gegen die Bauaufsichtsbehörde auf Einschreiten gegen den Nachbarn, wo gefestigter Rechtsprechung zufolge der Nachbar nicht notwendig beizuladen ist, auch falls er bereits gegen das Bauvorhaben im Verwaltungsverfahren Einwendungen erhoben haben sollte (vgl. statt vieler BVerwG, B.v. 20.5.1992 - 1 B 22.92 -, NVwZ-RR 1993, 18).

Die tatbestandlichen Voraussetzungen einer einfachen Beiladung im Sinne des § 65 Abs. 1 VwGO sind allerdings gegeben, da hier rechtliche Interessen der Kreissparkasse … … … tangiert werden können, und sich die Entscheidung in dieser Verwaltungsstreitsache auf die rechtlichen Interessen der Kreissparkasse auswirken kann. Das Gericht sah von einer Beiladung, die im Ermessen des Gerichts steht, ab, da zum einen beide Beteiligte (Kläger und Beklagter) in der mündlichen Verhandlung eine Beiladung der Kreissparkasse … … … abgelehnt haben, da das Gericht die mögliche Verletzung von Rechten der Kreissparkasse ohnehin von Amts wegen zu prüfen hatte und prüfte, und vor allen Dingen, weil das Gericht in keinem Stadium des Verfahrens davon auszugehen hatte, dass der Beklagte zu einer Maßnahme i.S.d. Art. 58 DS-GVO gegen die Kreissparkasse … … … zu verurteilen ist.

1.7. Die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts Ansbach ergibt sich sachlich aus § 45 VwGO und örtlich aus § 20 Abs. 3 BDSG als Sondervorschrift zu § 52 VwGO. Gemäß § 20 Abs. 3 BDSG (vgl. auch Art. 78 Abs. 3 DS-GVO) ist für Verfahren nach § 20 Abs. 1 Satz 1 BDSG - wie hier - das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Aufsichtsbehörde ihren Sitz hat, mithin das Verwaltungsgericht Ansbach.

2. Die zulässige Klage ist unbegründet, da der Kläger weder einen Anspruch gegen den Beklagten auf weitere Befassung und Überprüfung seiner Beschwerde nach Art. 78 Abs. 2 DS-GVO i.V.m. Art. 57 DS-GVO hat noch einen Anspruch auf aufsichtliches Einschreiten des Beklagten gegenüber der Kreissparkasse … … … gemäß Art. 58 DS-GVO.

2.1. Der Aufgabenbereich des Art. 57 DS-GVO ist eröffnet. Der Beklagte hat gemäß Art. 78 Abs. 2 DS-GVO in Verbindung mit Art. 57 Abs. 1 Buchst. f DS-GVO die Beschwerde des Klägers in angemessenem Umfang geprüft und dem Kläger rechtzeitig Bescheid gegeben. Ein darüber hinaus gehender Anspruch des Klägers ist nicht ersichtlich.

Mit dem Bayerischen Landesamt … hat die zuständige Datenschutzaufsichtsbehörde gehandelt. Der Anwendungsbereich der DS-GVO war eröffnet. Die Kreissparkasse … … … war sog. Verantwortlicher im Rahmen der Verarbeitung und Speicherung personenbezogener Daten des Klägers (Art. 4 Nr. 2 DS-GVO) im Rahmen einer seit dem Jahre 1985 währenden Geschäftsbeziehung. Es handelt sich durchweg auch um personenbezogene Daten des Klägers, Art. 4 Nr. 1 DS-GVO. In diese Datenverarbeitung und -speicherung hatte der Kläger eingewilligt, Art. 6 Abs. 1 Satz 1 DS-GVO (vgl. Art. 7 und Art. 4 Nr. 11 DSGVO). Die Einwilligung war freiwillig.

Art. 57 Absatz 1 Buchst. a und f DS-GVO, wonach der Beklagte die Anwendung dieser Verordnung überwachen und durchsetzen muss sowie sich mit Beschwerden einer betroffenen Person befassen muss, den Gegenstand der Beschwerde in angemessenem Umfang untersuchen und den Beschwerdeführer innerhalb einer angemessenen Frist über den Fortgang und das Ergebnis der Untersuchung unterrichten muss, wurde vom Beklagten nach Überzeugung des Gerichts beachtet. Zwar können sich aus Art. 57 DS-GVO allein, einer reinen Aufgabennorm, keine subjektivöffentlichen Rechte des Betroffenen ergeben. Art. 57 Abs. 1 Buchst f DS-GVO ist ausschließlich an die Aufsichtsbehörde gerichtet und schafft per se keine subjektivöffentlichen Rechte der Betroffenen. Die Untersuchungspflicht des Art. 57 Abs. 1 Buchst. f DS-GVO ist aber im Gesamtzusammenhang der DS-GVO von hohem Gewicht. Art. 57 Abs. 1 Buchst. f DS-GVO enthält dezidierte Vorgaben zum Verfahren und dessen Umfang, die über Art. 78 Abs. 2 DSGVO zu einem Rechtsanspruch des Betroffenen führen können (so wohl auch Kühling/Buchner/Boehm, DS-GVO, 2. Aufl. 2018, Art. 57 Rn. 12: „dem Bestehen eines Rechtsanspruchs ähnlich“, „weil die Vorschrift im Zusammenhang mit Art. 78 Abs. 2“ zu sehen ist), demzufolge jede betroffene Person unbeschadet eines anderweitigen verwaltungsrechtlichen oder außergerichtlichen Rechtbehelfs das Recht auf einen wirksamen gerichtlichen Rechtsbehelf hat, wenn die nach den Art. 55 f. DS-GVO zuständige Aufsichtsbehörde sich nicht mit einer Beschwerde befasst oder die betroffene Person nicht innerhalb von drei Monaten über den Stand oder das Ergebnis der gemäß Art. 77 DS-GVO erhobenen Beschwerde in Kenntnis gesetzt hat. Gemäß Art. 57 Abs. 1 Buchst. f DS-GVO hat der Beklagte den Kläger innerhalb einer angemessenen Frist über den Fortgang und das Ergebnis der Untersuchung mit Schreiben vom 21. Januar 2019 unterrichtet, und zwar unter Beachtung von Art. 78 Abs. 2 DS-GVO, wonach der Beschwerdeführer spätestens innerhalb von drei Monaten über den Sachstand informiert werden muss.

Die Unterscheidung der DS-GVO von Aufgabennorm, Art. 57 DS-GVO, und Befugnisnorm, Art. 58 DS-GVO, ähnelt der Aufteilung im Sicherheits- und Polizeirecht. Im Bereich der DS-GVO besteht aber eine Besonderheit: Art. 57 DS-GVO, der ohnehin nicht abschließend Aufgaben normiert (vgl. Art. 57 Abs. 1 Buchst. v) ist in seiner Umfassendheit zum Beispiel nicht vergleichbar mit Art. 2 Bayerisches Polizeiaufgabengesetz (BayPAG), weil er bei der Aufgabenzuweisung dezidiert auf eine „Angemessenheit“ abstellt. Die Behandlung von individuellen Beschwerden wie hier ist unionsrechtlich restriktiv geregelt (vgl. auch Erwägungsgrund 141 Satz 2 zur DSGVO). Zwar ist es eine der vorrangigsten Aufgaben des Beklagten, Beschwerden von Betroffenen nach Art. 77 DS-GVO zu bearbeiten, zumal für die Aufsichtsbehörden (ähnlich wie für die Polizei) Hinweise und Beschwerden von Bürgern zur Erfüllung ihrer Aufgaben unverzichtbar sind. Allerdings nimmt Art. 57 Abs. 1 Buchst. f DS-GVO unzweifelhaft mit der Formulierung „in angemessenem Umfang“ auf die Ressourcen und Möglichkeiten der Aufsichtsbehörden Rücksicht. Die Angemessenheit der Untersuchung richtet sich auch nach der Schwere des Eingriffs in Rechte des Betroffenen.

2.2. Der Kläger hat keinen Anspruch auf behördliches Einschreiten nach Art. 58 DS-GVO. Ein solches scheidet bereits deshalb aus, weil sich nach Befassung und Prüfung im Rahmen des Art. 57 DS-GVO keine Anhaltspunkte ergeben haben, die ein Einschreiten nach Art. 58 DS-GVO nahelegten. Ein Datenschutzrechtsverstoß des Verantwortlichen hat sich nicht aufgedrängt. Die Abschlussmitteilung des Beklagten vom 21. Januar 2019 ist damit inhaltlich nicht zu beanstanden.

Art. 58 DS-GVO regelt das Verhältnis Aufsichtsbehörde zu Datenverantwortlichem. Ein Anspruch auf aufsichtliches Einschreiten des Betroffenen ist ähnlich wie im Sicherheits- und Polizeirecht (vgl. BVerwGE 11, 95, 97) grundsätzlich anzuerkennen, jedoch nur im Falle einer (möglichen) Verletzung von eigenen Rechten sowie (kumulativ) einer Reduktion des Ermessens auf Null, so dass mithin allenfalls regelmäßig nur ein subjektivöffentliches Recht auf fehlerfreie Ermessensausübung besteht.

Neben dem Auswahlermessen besteht für den Beklagten auch hinsichtlich des Entschlusses zum Tätigwerden ein Entschließungsermessen (vgl. das Wort „gestattet“ in Art. 58 Abs. 1 und 2 DS-GVO). Zwar sieht Art. 58 Abs. 2 DS-GVO ein Bündel verschiedener, zum Teil weitreichender Maßnahmen vor, das dem Beklagten zu Gebote steht. Die Aufsichtsbehörde entscheidet dann, ob sie beispielsweise von dem Verantwortlichen gemäß Art. 58 Abs. 1 Buchst. a eine Stellungnahme einfordert, eine Kontrolle vor Ort gemäß Art. 58 Abs. 1 Buchst. f vornimmt, oder wie hier über den Sachverhalt bereits aufgrund der vom Kläger vorgelegten Informationen und Abschriften entscheidet. Der Kläger hat grundsätzlich einen Anspruch auf Wahrung des Transparenzgebotes des Art. 12 DS-GVO, auf Auskunft gemäß Art. 15 DS-GVO, darauf, dass gemäß Art. 5 Abs. 1 Buchst. a DS-GVO seine personenbezogenen Daten auf rechtmäßige Weise, nach Treu und Glauben und in einer für ihn nachvollziehbaren Weise verarbeitet werden.

Der Kläger hätte im Übrigen selbst bei Vorliegen eines festgestellten oder wahrscheinlichen Verstoßes gegen die DS-GVO indes nur einen Anspruch auf fehlerfreie Ermessensausübung hinsichtlich einer Maßnahme des Beklagten nach Art. 58 DS-GVO, aber keinen Anspruch auf bestimmte aufsichtsrechtliche Maßnahmen gegen die Kreissparkasse (so auch Gola/Nguyen, DS-GVO, 2. Aufl. 2018, Art. 57 Rn. 10 m.w.N.; außer im Fall der Ermessensreduzierung auf Null), wobei dann im Rahmen des Art. 58 DS-GVO die Aufsichtsbehörde wie erwähnt ein weites Entschließungs- und Auswahlermessen hat und Art. 58 Abs. 2 DS-GVO mit den unterschiedlich gestuften Maßnahmen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gerecht wird (vgl. Art. 58 Abs. 2 Buchst. a, b, d als mildere Maßnahmen im Vergleich zu Art. 58 Abs. 2 Buchst. f DS-GVO, so Ingold JuS 2018, 1214, 1217).

Eine Ermessensreduktion auf Null kommt nur in Betracht, wenn ein Datenschutzrechtsverstoß naheliegt bzw. sich aufdrängen muss, d.h. es müssen Tatsachen vorliegen, die einen Verstoß gegen datenschutzrechtliche Vorschriften als wahrscheinlich erscheinen lassen und wenn dieser Verstoß von einer Schwere ist, die ein Einschreiten der Aufsichtsbehörde als erforderlich erscheinen lässt. Vor dem Hintergrund dieses Maßstabes ist hier von keinem Anspruch auf Einschreiten nach Art. 58 DS-GVO auszugehen: Die Einwände des Klägers gegen die Vorgehensweise des Beklagten in den Schriftsätzen sowie in der mündlichen Verhandlung greifen in der Sache nicht durch. Die Kreissparkasse … … … hat ausführlich auf die Anfragen des Klägers reagiert, alle erdenklichen Auskünfte erteilt und ebenso ihre Bereitschaft zu weiteren Auskünften zugesagt. Daher ist es nicht so, dass der Kläger, wie behauptet, seine Daten nicht vollständig erhält. Auf seine Bitte um eine Vervollständigung der Auskunft vom 30. Juli 2017 hat die Kreissparkasse … … … ihm mit Schreiben vom 2. Oktober 2018 wunschgemäß weitere Angaben gemacht, wobei die Auskunft vom 30. Juli 2018 bereits den gesetzlichen Anforderungen genügte. Es ist nicht erkennbar, worin hier ein Verstoß gegen das Transparenzgebot des Art. 12 DS-GVO vorliegen sollte. Die Vorgehensweise und Praxis der Kreissparkasse … … … entsprechen dem Erwägungsgrund 39 zur DS-GVO, da die Verarbeitung personenbezogener Daten des Klägers rechtmäßig und nach Treu und Glauben erfolgte sowie die Auskunft an den Kläger gemäß Art. 15 DS-GVO korrekt war. Gemäß Art. 5 Abs. 1 Buchst. a DS-GVO sind seine personenbezogenen Daten auf rechtmäßige Weise, nach Treu und Glauben und in einer für ihn nachvollziehbaren Weise verarbeitet worden. Die falsche Berufsbezeichnung des Klägers wurde seitens der Kreissparkasse in Anwendung von Art. 5 Abs. 1 Buchst. d DS-GVO sofort berichtigt. Die Abspeicherung des abgelaufenen Passes des Klägers von 1988, der bei Begründung des Vertragsverhältnisses 1985 die gültige, vom Kläger vorgelegte, Legitimation war, ist insbesondere kein Verstoß gegen Art. 15 Abs. 1 Buchst. d DS-GVO, sondern gerechtfertigt durch Art. 17 Abs. 1 Buchst. a DS-GVO, da die Kreissparkasse … … … zum Zugang des Klägers auf seine Daten dessen Legitimationsgrundlage verfügbar haben muss(te). Nichts anderes ergibt sich aus dem Erwägungsgrund 39 zur DS-GVO. Es ist auch nicht notwendig, dass die Kreissparkasse … … … durch ihre eigenen Bediensteten Kenntnisse von der Verarbeitung von elektronischen Kundenunterschriften hat. Es ist üblich und datenschutzrechtlich sowohl korrekt als auch unbedenklich, wenn sich Unternehmen weiterer Dienstleistungen Dritter bedienen, solange sie datenschutzrechtlich - wie hier - die Datensicherheit gewährleisten können; zumindest bestehen für eine gegenteilige Annahme keinerlei Anhaltspunkte."


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SG Frankfurt (Oder): Betroffener hat mangels Anspruchsgrundlage in DSGVO gegen Datenschutzbehörde keinen Anspruch auf Vornahme bestimmter Maßnahme bei Verstoß gegen DSGVO

SG Frankfurt (Oder)
Gerichtsbescheid vom 08.05.2019
S 49 SF 8/19


Das SG Frankfurt (Oder) hat entschieden, dass ein Betroffener mangels Anspruchsgrundlage in der DSGVO gegen die zuständige Datenschutzbehörde keinen Anspruch auf Vornahme bestimmter Maßnahmen bei einem Verstoß gegen die Vorgaben der DSGVO hat. Art. 77 DSGVO sieht lediglich ein Beschwerderecht vor.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Die Kammer durfte ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid gemäß § 105 SGG entscheiden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten hatten Gelegenheit, sich zu dieser Entscheidungsform zu äußern.

Die Klage ist bereits unzulässig, denn für das Begehren der Kläger fehlt es ungeachtet der Frage, ob hierfür das Sozialgericht funktional zuständig ist, an jedweder Anspruchsgrundlage.

Weder aus den Vorschriften des Sozialrechts (§§ 25, 83 SGB X) noch insbesondere aus der Datenschutz-Grundverordnung ist ein individueller Anspruch eines Bürgers gegen den Beklagten auf die Vornahme einer bestimmten Maßnahme herleitbar.

Zwar besteht aus Art 78 Absatz 2 DSGVO ein Klagerecht dem Grunde nach. Im Falle einer Beschwerde bei dem Beklagten nach § 77 DSGVO ist der Klagegrund indes beschränkt darauf, dass der Beklagte länger als drei Monate untätig geblieben sei mit der Mitteilung über das Ergebnis der Beschwerde. Dies ist hier jedoch weder Klagegegenstand, noch liegt oder lag eine dahingehende Untätigkeit vor.

Nach Art. 77 Abs. 1 DSGVO hat jede betroffene Person das Recht auf Beschwerde bei einer Aufsichtsbehörde, wenn diese der Ansicht ist, dass die Verarbeitung der sie betreffenden Daten gegen die DSGVO verstößt. Der Beklagte ist aufgrund dieser Vorschrift alleine verpflichtet, sich mit einer Beschwerde zu befassen, soweit sie nicht offensichtlich unbegründet oder exzessiv ist und den Gegenstand der Beschwerde zu untersuchen und den Beschwerdeführer über den Fortgang und das Ergebnis der Untersuchung zu unterrichten. Eine weitergehende Verpflichtung besteht grundsätzlich nicht. In der Rechtsprechung wird daher das Beschwerderecht nach Art 77 DSGVO als Petitionsrecht verstanden, vgl. Beschluss des VG Berlin vom 28.01.2019, Az: VG 1 L 1.19.

Diesem Anspruch ist der Beklagte vollumfänglich nachgekommen. Eine Verurteilung zu einer aufsichtsrechtlichen Maßnahme gegen das Jobcenter kann das Gericht den Beklagten nicht verurteilen. Dies ist aus der DSGVO nicht herleitbar.

Auf das weitere Vorbringen der Kläger kommt es daher nicht an.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Der Streitwert für das Verfahren - da es sich nicht um ein privilegiertes Verfahren handelt, § 197a SGG - wird auf 5.000,00 € festgesetzt."


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