EuGH: Verarbeitung von Gesundheitsdaten nach Art. 9 Abs. 2 lit. h DSGVO muss auch Art. 6 Abs. 1 DSGVO erfüllen - Schadensersatzanspruch aus Art. 82 DSGVO ist Kompensation für konkreten Schaden
EuGH
Urteil vom 21.12.2023
C‑667/21
Medizinischer Dienst der Krankenversicherung Nordrhein
Der EuGH hat entschieden, dass Verarbeitung von Gesundheitsdaten auf Grundlage von Art. 9 Abs. 2 lit. h DSGVO auch die Voraussetzungen von Art. 6 Abs. 1 DSGVO erfüllen muss. Ferner hat der EuGH entschieden, dass ein Schadensersatzanspruch aus Art. 82 DSGVO die Kompensation für einen konkreten Schaden darstellt.
Tenor der Entscheidung:
1. Art. 9 Abs. 2 Buchst. h der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) ist dahin auszulegen, dass die in dieser Bestimmung vorgesehene Ausnahme unter dem Vorbehalt, dass die betreffende Datenverarbeitung die in Buchst. h und in Art. 9 Abs. 3 ausdrücklich vorgeschriebenen Voraussetzungen und Garantien erfüllt, auf Situationen anwendbar ist, in denen eine Stelle für medizinische Begutachtung Gesundheitsdaten eines ihrer Arbeitnehmer nicht als Arbeitgeber, sondern als Medizinischer Dienst verarbeitet, um die Arbeitsfähigkeit dieses Arbeitnehmers zu beurteilen.
2. Art. 9 Abs. 3 der Verordnung 2016/679 ist dahin auszulegen, dass der für eine auf Art. 9 Abs. 2 Buchst. h dieser Verordnung gestützte Verarbeitung von Gesundheitsdaten Verantwortliche gemäß diesen Bestimmungen nicht verpflichtet ist, zu gewährleisten, dass kein Kollege der betroffenen Person Zugang zu den Daten über ihren Gesundheitszustand hat. Eine solche Pflicht kann dem für eine solche Verarbeitung Verantwortlichen jedoch gemäß einer von einem Mitgliedstaat auf der Grundlage von Art. 9 Abs. 4 dieser Verordnung erlassenen Regelung oder aufgrund der in Art. 5 Abs. 1 Buchst. f dieser Verordnung genannten und in ihrem Art. 32 Abs. 1 Buchst. a und b konkretisierten Grundsätze der Integrität und der Vertraulichkeit obliegen.
3. Art. 9 Abs. 2 Buchst. h und Art. 6 Abs. 1 der Verordnung 2016/679 sind dahin auszulegen, dass eine auf die erstgenannte Bestimmung gestützte Verarbeitung von Gesundheitsdaten nur dann rechtmäßig ist, wenn sie nicht nur die sich aus dieser Bestimmung ergebenden Anforderungen einhält, sondern auch mindestens eine der in Art. 6 Abs. 1 genannten Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen erfüllt.
4. Art. 82 Abs. 1 der Verordnung 2016/679 ist dahin auszulegen, dass der in dieser Bestimmung vorgesehene Schadenersatzanspruch eine Ausgleichsfunktion hat, da eine auf diese Bestimmung gestützte Entschädigung in Geld ermöglichen soll, den konkret aufgrund des Verstoßes gegen diese Verordnung erlittenen Schaden vollständig zu ersetzen, und keine abschreckende oder Straffunktion erfüllt.
5. Art. 82 der Verordnung 2016/679 ist dahin auszulegen, dass zum einen die Haftung des Verantwortlichen vom Vorliegen eines ihm anzulastenden Verschuldens abhängt, das vermutet wird, wenn er nicht nachweist, dass die Handlung, die den Schaden verursacht hat, ihm nicht zurechenbar ist, und dass Art. 82 zum anderen nicht verlangt, dass der Grad dieses Verschuldens bei der Bemessung der Höhe des als Entschädigung für einen immateriellen Schaden auf der Grundlage dieser Bestimmung gewährten Schadenersatzes berücksichtigt wird.
Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:
Urteil vom 21.12.2023
C‑667/21
Medizinischer Dienst der Krankenversicherung Nordrhein
Der EuGH hat entschieden, dass Verarbeitung von Gesundheitsdaten auf Grundlage von Art. 9 Abs. 2 lit. h DSGVO auch die Voraussetzungen von Art. 6 Abs. 1 DSGVO erfüllen muss. Ferner hat der EuGH entschieden, dass ein Schadensersatzanspruch aus Art. 82 DSGVO die Kompensation für einen konkreten Schaden darstellt.
Tenor der Entscheidung:
1. Art. 9 Abs. 2 Buchst. h der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) ist dahin auszulegen, dass die in dieser Bestimmung vorgesehene Ausnahme unter dem Vorbehalt, dass die betreffende Datenverarbeitung die in Buchst. h und in Art. 9 Abs. 3 ausdrücklich vorgeschriebenen Voraussetzungen und Garantien erfüllt, auf Situationen anwendbar ist, in denen eine Stelle für medizinische Begutachtung Gesundheitsdaten eines ihrer Arbeitnehmer nicht als Arbeitgeber, sondern als Medizinischer Dienst verarbeitet, um die Arbeitsfähigkeit dieses Arbeitnehmers zu beurteilen.
2. Art. 9 Abs. 3 der Verordnung 2016/679 ist dahin auszulegen, dass der für eine auf Art. 9 Abs. 2 Buchst. h dieser Verordnung gestützte Verarbeitung von Gesundheitsdaten Verantwortliche gemäß diesen Bestimmungen nicht verpflichtet ist, zu gewährleisten, dass kein Kollege der betroffenen Person Zugang zu den Daten über ihren Gesundheitszustand hat. Eine solche Pflicht kann dem für eine solche Verarbeitung Verantwortlichen jedoch gemäß einer von einem Mitgliedstaat auf der Grundlage von Art. 9 Abs. 4 dieser Verordnung erlassenen Regelung oder aufgrund der in Art. 5 Abs. 1 Buchst. f dieser Verordnung genannten und in ihrem Art. 32 Abs. 1 Buchst. a und b konkretisierten Grundsätze der Integrität und der Vertraulichkeit obliegen.
3. Art. 9 Abs. 2 Buchst. h und Art. 6 Abs. 1 der Verordnung 2016/679 sind dahin auszulegen, dass eine auf die erstgenannte Bestimmung gestützte Verarbeitung von Gesundheitsdaten nur dann rechtmäßig ist, wenn sie nicht nur die sich aus dieser Bestimmung ergebenden Anforderungen einhält, sondern auch mindestens eine der in Art. 6 Abs. 1 genannten Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen erfüllt.
4. Art. 82 Abs. 1 der Verordnung 2016/679 ist dahin auszulegen, dass der in dieser Bestimmung vorgesehene Schadenersatzanspruch eine Ausgleichsfunktion hat, da eine auf diese Bestimmung gestützte Entschädigung in Geld ermöglichen soll, den konkret aufgrund des Verstoßes gegen diese Verordnung erlittenen Schaden vollständig zu ersetzen, und keine abschreckende oder Straffunktion erfüllt.
5. Art. 82 der Verordnung 2016/679 ist dahin auszulegen, dass zum einen die Haftung des Verantwortlichen vom Vorliegen eines ihm anzulastenden Verschuldens abhängt, das vermutet wird, wenn er nicht nachweist, dass die Handlung, die den Schaden verursacht hat, ihm nicht zurechenbar ist, und dass Art. 82 zum anderen nicht verlangt, dass der Grad dieses Verschuldens bei der Bemessung der Höhe des als Entschädigung für einen immateriellen Schaden auf der Grundlage dieser Bestimmung gewährten Schadenersatzes berücksichtigt wird.
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