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VerfGH Baden-Württemberg: Glücksspielrechtliches Trennungsgebot von Spielhallen und Sportwetten in Baden-Württemberg mit Landesverfassung vereinbar

VerfGH Baden-Württemberg
Urteil vom 02.08.2023
1 VB 88/19 und 1 VB 95/19

Der VerfGH Baden-Württemberg hat entschieden, dass das glücksspielrechtliche Trennungsgebot von Spielhallen und Sportwetten in Baden-Württemberg mit der Landesverfassung vereinbar ist.


Die Pressemitteilung des Gerichts:
Verfassungsbeschwerden von Wettvermittlern ohne Erfolg: Glücksspielrechtliches Trennungsgebot mit der Landesverfassung vereinbar

Der Verfassungsgerichtshof für das Land Baden-Württemberg hat mit heute verkündetem Urteil über zwei Verfassungsbeschwerden von Wettvermittlern gegen das glücksspielrechtliche Trennungsgebot sowie dazu ergangene Behörden- und Gerichtsentscheidungen befunden.

Nach dem Trennungsgebot des § 21 Abs. 2 GlüStV dürfen in einem Gebäude oder Gebäudekomplex, in dem sich eine Spielhalle oder eine Spielbank befindet, Sportwetten nicht vermittelt werden. Dies steht in Einklang mit den Vorgaben der Landesverfassung.

Mit ihren Verfassungsbeschwerden wenden sich die Beschwerdeführer gegen die behördliche Untersagung des Betriebs ihrer Wettvermittlungsstellen sowie nachfolgende Gerichtsentscheidungen. Die Wettvermittlungsstellen liegen in Gebäuden, in denen sich auch Spielhallen anderer Betreiberinnen befinden. Die Beschwerdeführer beanstanden die von den Verwaltungsgerichten gebilligten, auf das Trennungsgebot gestützten Betriebsuntersagungen und wenden sich teilweise gegen § 21 Abs. 2 GlüStV selbst.

Wesentliche Erwägungen des Verfassungsgerichtshofs

Die Verfassungsbeschwerden bleiben ohne Erfolg. Das Trennungsgebot aus § 21 Abs. 2 GlüStV steht in Gestalt seiner einschränkenden Auslegung durch die Verwaltungsgerichte in Einklang mit der Berufsfreiheit, dem allgemeinen Gleichheitssatz und der Garantie effektiven Rechtsschutzes.

1. Der Eingriff in die Berufsfreiheit der Betreiber von Wettvermittlungsstellen ist gerechtfertigt. Das Trennungsgebot dient vernünftigen Zwecken des Gemeinwohls. Die Bekämpfung der Glücksspielsucht stellt ein überragend wichtiges Gemeinwohlziel dar. Befinden sich Spielhallen und Wettvermittlungsstellen nicht in einem Gebäude oder Gebäudekomplex, ist ein Wechsel von der einen Spielstätte in die andere mit einem höheren (Zeit)Aufwand verbunden, als bei Betrieben in demselben Baubestand. Es liegt auf der Hand, dass Spieler nach Beendigung des Spielens in der einen Stätte von einem Wechsel in die andere Stätte abgehalten werden sollen und deshalb eine Vermischung oder Häufung verschiedener Glücksspielangebote an einem Ort verhindert werden soll. Die damit verbundenen Belastungen der Wettvermittler stehen nicht außer Verhältnis zum Nutzen der Regelung. Es ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, dass die Fachgerichte Fallgestaltungen vom Anwendungsbereich des Trennungsgebots ausnehmen, in denen die verschiedenen Angebote aufgrund der jeweiligen örtlichen Verhältnisse ohnehin räumlich entzerrt sind und deshalb eine Gefahr der Vermischung unterschiedlicher Glücksspielarten nicht anzunehmen ist.

2. Das Trennungsgebot steht auch in Einklang mit dem allgemeinen Gleichheitssatz. Zwar behandelt es verschiedene Wettanbieter ungleich, da lediglich solche Näheverhältnisse zwischen Wettvermittlungsstellen einerseits und Spielhallen andererseits erfasst werden, die innerhalb eines Gebäudes bzw. Gebäudekomplexes liegen; alle übrigen räumlichen Näheverhältnisse (z.B. in benachbarten oder gegenüberliegenden Gebäuden) werden nicht einbezogen. Diese Ungleichbehandlung führt jedoch nicht zu einer Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes. Indem der Gesetzgeber auf die innerhalb eines Gebäudes oder Gebäudekomplexes bestehende typische Gefährdungslage durch unterschiedliche Glücksspielangebote abstellt, bewegt er sich im Rahmen des ihm eröffneten Regelungsspielraums.

Das Trennungsgebot erweist sich auch hinsichtlich der als verfassungswidrig gerügten Ungleichbehandlung von Wettvermittlungsstellen einerseits und Spielhallen andererseits nicht als gleichheitswidrig. Die Bevorzugung des Spielhallenbetriebs berücksichtigt, dass deren getätigte, auf längere Zeit angelegte Investitionen schutzbedürftiger erscheinen als die typischerweise relativ überschaubaren Investitionen des Vermittlers von Sportwetten. Hinzu kommt, dass der Betrieb von Wettvermittlungsstellen jedenfalls bis vor Kurzem ohne glücksspielrechtliche Gestattung und damit auf eigenes Risiko erfolgte. Zudem dient die Bevorzugung von Spielhallen insbesondere der Bewältigung einer Übergangsproblematik in Fällen, in denen in einem Gebäude oder Gebäudekomplex bereits eine Spielhalle besteht. Die Vorschrift zielt damit vor allem auf Bestandssituationen ab. Bei neu hinzukommenden Spielhallen oder Wettvermittlungsstellen setzt sich jeweils der bestehende Betrieb durch. Folglich geht mit dem Trennungsgebot kein genereller, sondern lediglich ein begrenzter Vorrang von Spielhallen einher.

3. Die Rechtsschutzgarantie ist nicht verletzt. Die Auffassung, die Fachgerichte seien im Hinblick auf die Garantie effektiven Rechtsschutzes gehalten, bei der Überprüfung der Anwendung des Trennungsgebots einzubeziehen, ob eine Spielhallenerlaubnis rechtmäßig oder bestandskräftig ist, greift nicht durch. Die gesetzgeberische Entscheidung für einen Vorrang behördlich erlaubter Spielhallen bedingt nicht zwingend, den Vorschriften über die Erteilung entsprechender Erlaubnisse eine drittschützende Wirkung zugunsten verdrängter Wettvermittler beizumessen, die Anlass zu einer Inzidentprüfung geben könnte.

Zitierte Rechtsvorschrift
§ 21 GlüStV des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland (Glücksspielstaatsvertrag - GlüStV) vom 15.12.2011
(1) …
(2) In einem Gebäude oder Gebäudekomplex, in dem sich eine Spielhalle oder eine Spielbank befindet, dürfen Sportwetten nicht vermittelt werden.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


LG Berlin: Schleichwerbung für Amazon-Produkte durch Nachrichtenportal BuzzFeed - Produktempfehlung und Verlinkung müssen ausreichend als Werbung gekennzeichnet werden

LG Berlin
Urteil vom 11.02.2020
52 O 194/18


Das LG Berlin hat dem Portal BuzzFeed, Schleichwerbung für Amazon-Produkte untersagt. Der Portalbetreiber hatte Produktempfehlungen und Verlinkung nicht ausreichend als Werbung gekennzeichnet.

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

LG München: Vertragsstrafe nach Unterlassungserklärung wegen unzureichender Trennung von Werbung und redaktionellen Inhalten

LG München
Urteil vom 07.08.2012
23 O 3404/12
nicht rechtskräftig


Das LG München hat einer Klage der Wettbewerbszentrale gegen den Herausgeber der Zeitschrift "Gong" auf Zahlung einer Vertragsstrafe stattgegeben. Der Verlag hatte in der Vergangenheit eine strafbewehrte Unterlassungserklärung wegen eines Verstoßes gegen das Trennungsgebot von redaktionellen Inhalten und Werbung verstoßen. Wie das LG München zutreffend ausführt, betrifft die seinerzeit abgegebene Unterlassungserklärung auch kerngleiche Verstöße und nicht nur die seinerzeit konkret gerügte Anzeige.

Die Pressemitteilung der Wettbewerbszentrale finden Sie hier:


BGH: Wettbewerbsrechtliche und presserechtliche Zulässigkeit einer nicht explizit als Werbung gekennzeichneten mehrseitigen Zeitschriftenwerbung

BGH
Urteil vom 01.07.2011
I ZR 161/09
Flappe
UWG § 3 Abs. 1, 2 und 3, Nr. 11 des Anhangs zu § 3 Abs. 3, § 4 Nr. 3, § 4
Nr. 11; PresseG NRW § 10



Leitsästze des BGH:

a) Ein Verstoß gegen das in Nr. 11 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG vorgesehene Verbot als Information getarnter Werbung liegt bei einer mehrseitigen Zeitschriftenwerbung nicht vor, wenn der Werbecharakter nach dem Inhalt der gesamten Werbung unverkennbar ist und bei einer Kenntnisnahme nur der ersten Seite deren isolierter Inhalt keine Verkaufsförderung bewirkt.

b) Bei der unter a) beschriebenen Zeitschriftenwerbung liegt auch keine Verschleierung des Werbecharakters i.S. von § 4 Nr. 3 UWG vor.

c) Ein Verstoß gegen das in den Landespressegesetzen verankerte Trennungsgebot redaktioneller Inhalte und Werbung liegt nicht vor, wenn der Leser den Werbecharakter einer mehrseitigen Zeitschriftenwerbung in ihrer Gesamtheit ohne weiteres erkennt und die erste Seite der Zeitschriftenwerbung für sich genommen keine Werbewirkung entfaltet.

BGH, Urteil vom 1. Juli 2010 - I ZR 161/09 - OLG Düsseldorf - LG Düsseldorf

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: