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OLG Köln: Auftraggeber muss bestellten Videoclip des Comedian Jörg Knör auch bei Nichtgefallen bezahlen - Kunstfreiheit gewährleistet künstlerische Gestaltungsfreiheit

OLG Köln
Urteil vom 14.11.2018
11 U 71/18


Das OLG Köln hat entschieden, dass der Auftraggeber ein von ihm bestellten Videoclip des Comedian Jörg Knör auch bei Nichtgefallen bezahlen muss. Kunstfreiheit gewährleistet künstlerische Gestaltungsfreiheit.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Oberlandesgericht Köln: Bestellte Kunst - "VIP-Clip" des Comedian Jörg Knör muss bezahlt werden

Wer ein Kunstwerk bestellt, muss es grundsätzlich auch dann bezahlen, wenn es ihm nicht gefällt. Mit Urteil vom 14.11.2018 hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln den Streit um die Bezahlung eines Videoclips des Comedian Jörg Knör entschieden. Eine Kölner Firma hatte den Clip für ihre Jubiläumsfeier bestellt. In dem Video sollten Prominente wie Angela Merkel und Barak Obama vorkommen, welche in der Tonspur von dem Künstler parodiert werden. In einem Briefing machte das Unternehmen u.a. Vorgaben zu den gewünschten Prominenten sowie zur Reihenfolge ihres Erscheinens. Als die Firma rund zwei Wochen vor der Jubiläumsfeier das Video erhielt, teilte sie mit, dass der Clip nicht den Vorgaben entspreche und außerdem nicht gefalle. Sie verweigerte die Zahlung.

Das Landgericht Köln hatte die Klage der Künstleragentur abgewiesen, weil das Video in einigen Punkten nicht den Vorgaben im Briefing entsprochen habe. Auf die Berufung der Künstleragentur verurteilte der 11. Zivilsenat die Firma zur Zahlung des vereinbarten Preises.

Der Senat, der das Video in der mündlichen Verhandlung angesehen hatte, führte aus, dass die Firma mit dem "VIP-Clip" eine schöpferische Leistung bestellt habe. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes sei bei künstlerischen Werken ein Gestaltungsspielraum des Künstlers hinzunehmen. Der bloße Geschmack des Bestellers führe nicht zur Annahme eines Mangels. Zwar könne der Besteller dem Künstler in Form eines Briefings konkrete Vorgaben zur Gestaltung des Kunstwerkes machen. Allerdings ergebe sich aus der im Grundgesetz garantierten Kunstfreiheit, dass die künstlerische Gestaltungsfreiheit der Regelfall, die vertragliche Einschränkung derselben die Ausnahme sei. Die Beweislast für die Vereinbarung von Vorgaben, die die schöpferische Freiheit einschränken, liege daher bei dem Besteller.

Bestimmte Vorgaben, etwa hinsichtlich der Gestaltung der Übergänge zwischen den in dem Video vorkommenden Prominenten, habe die Firma nicht beweisen können. Andere Abweichungen lägen zwar vor, insbesondere sei der Clip länger als vereinbart gewesen und die gewünschte Reihenfolge der Prominenten sei nicht in allen Punkten eingehalten worden. Diesbezüglich hätte die Firma aber rechtzeitig konkret mitteilen müssen, wie das Video zu ändern sei. Da die von der Firma behaupteten Vorgaben zwischen den Parteien nicht schriftlich festgehalten worden waren, sei es dem grundsätzlich zur Änderung bereiten Künstler nicht zumutbar gewesen, ohne Mithilfe des Bestellers das Video zu kürzen. Konkrete Änderungswünsche seien aber zunächst überhaupt nicht und später mit einer zu kurz bemessenen Frist geäußert worden. Nach dem Firmenjubiläum seien Änderungen nicht mehr möglich gewesen. Da das Video zum Firmenjubiläum gezeigt werden sollte und nach dem Vertrag auch nur auf dieser Veranstaltung gezeigt werden durfte, liege ein sogenanntes "absolutes Fixgeschäft" vor.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen.

Urteil des Oberlandesgerichts Köln vom 14.11.2018 - Az. 11 U 71/18 -




VG Köln: Zusatzangebot StreamOn der Telekom für Streamingdienste rechtswidrig - Verstoß gegen Grundsatz der Netzneutralität und europäische Roaming-Regelungen

VG Köln
Beschluss vom 20.11.2018
1 L 253/18


Das VG Köln hat entschieden, dass das Zusatzangebot StreamOn der Telekom für Streamingdienste rechtswidrig und damit unzulässig ist. Das Gericht sieht einen Verstoß gegen Grundsatz der Netzneutralität und europäische Roaming-Regelungen

Die Pressemitteilung des Gerichts:

"StreamOn“-Angebot der Telekom ist rechtswidrig

Das Verwaltungsgericht Köln hat mit Beschluss vom heutigen Tag einen Antrag der Telekom Deutschland GmbH gegen eine Anordnung der Bundesnetzagentur in Bezug auf das Produkt „StreamOn“ abgelehnt.

Bei dem kostenlos buchbaren Produkt „StreamOn“ handelt es sich um ein Zusatzangebot für bestimmte Mobilfunk-Kunden der Antragstellerin, bei dem Datenmengen, die beim Audio- und Videostreaming von so genannten Content-Partnern übertragen werden, nicht auf das nach dem Tarif zur Verfügung stehende Datenvolumen angerechnet werden. Dies gilt jedoch nur für eine Nutzung im Inland. Nutzt der Kunde „StreamOn“ im europäischen Ausland, so erfolgt weiterhin eine Anrechnung auf das im jeweiligen Tarif enthaltene Datenvolumen. Durch die Buchung des Produkts „StreamOn“ willigt der Kunde in bestimmten Tarifen zudem ein, dass die Bandbreite (Datenübertragung) für Streamingdienste auf maximal 1,7 Mbit/s reduziert wird. Diese Bandbreite genügt nicht für ein Streaming in HD-Qualität.

Die Bundesnetzagentur stellte fest, dass dieses „StreamOn“-Angebot gegen den europarechtlich verankerten Grundsatz der Netzneutralität sowie gegen europäische Roaming-Regelungen verstoße, und untersagte die Fortführung von „StreamOn“ in der derzeitigen konkreten Ausgestaltung.

Der hiergegen erhobene Eilantrag der Telekom blieb erfolglos. Zur Begründung führte das Gericht aus, der Grundsatz der Netzneutralität verpflichte Anbieter von Internetzugangsdiensten, wie die Telekom einer sei, den gesamten Verkehr bei der Erbringung von Internetzugangsdiensten gleich zu behandeln. Hiergegen werde durch die Drosselung der Übertragungsgeschwindigkeit für Streaming-Dienste verstoßen. Diese Drosselung stehe auch nicht zur Disposition des Kunden, so dass es unerheblich sei, ob dieser durch Vertragsabschluss „freiwillig“ die Drosselung hinnehme. Schließlich stehe die derzeitige Ausgestaltung auch nicht im Einklang mit europäischen Roaming-Regelungen. Danach dürften für Roaming-Dienste im europäischen Ausland keine zusätzlichen Entgelte im Vergleich mit den inländischen Endkundenpreisen verlangt werden. Dadurch, dass die Telekom eine Anrechnung der gestreamten Datenmengen auf das jeweilige Datenvolumen nur bei einer Inlandsnutzung ausschließe, werde sie diesen Anforderungen nicht gerecht.

Gegen den Beschluss kann Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht in Münster entscheidet.


OLG Oldenburg: Kunde haftet selbst für Schaden durch Banking-Trojaner wenn Kunde angeblich von Onlinebanking-Seite geforderte Testüberweisung ohne Überprüfung durchführt

OLG Oldenburg
Beschluss vom 21.08.2018
8 U 163/17


Das OLG Oldenburg hat entschieden, dass ein Kunde selbst für den Schaden durch einen Banking-Trojaner haftet, wenn der Kunde angeblich von Onlinebanking-Seite geforderte Testüberweisung ohne Überprüfung durchführt.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Aufgepasst beim Online-Banking

Online-Banking wird immer beliebter. Vom heimischen PC aus die Bankgeschäfte erledigen, spart so manchen Gang zur Bank. Dabei muss man aber auch wachsam – und manchmal misstrauisch – bleiben. Sonst kann es zu bösen Überraschungen kommen, wie in einem vom 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg entschiedenen Fall.

Der klagende Bankkunde hatte sich einen sogenannten Banking-Trojaner eingefangen. Dieser forderte ihn – vermeintlich von der Onlinebanking-Seite der Bank aus – auf, zur Einführung eines neuen Verschlüsselungsalgorithmus eine Testüberweisung vorzunehmen und mit seiner TAN (Transaktionsnummer), die er per Mobiltelefon erhalten habe, zu bestätigen. In der Überweisungsmaske stand in den Feldern „Name“, „IBAN“ und „Betrag“ jeweils das Wort „Muster“. Der Kläger bestätigte diese vermeintliche Testüberweisung mit der ihm übersandten TAN. Tatsächlich erfolgte dann aber eine echte Überweisung auf ein polnisches Konto. Über 8.000,- Euro waren „weg“.

Der Kläger verlangte diesen Betrag von der Bank zurück. – Ohne Erfolg. Der Kläger habe grob fahrlässig gegen die Geschäftsbedingungen der Bank verstoßen, so der Senat. Da sei nämlich vorgesehen, dass der Kunde bei der Übermittlung seiner TAN die Überweisungsdaten, die in der SMS erneut mitgeteilt werden, noch einmal kontrollieren müsse. Dies hatte der Kläger nicht getan. Er hatte lediglich auf die TAN geachtet und diese in die Computermaske eingetippt. Anderenfalls, so die Richter, hätte es ihm auffallen müssen, dass er eine Überweisung zu einer polnischen IBAN freigebe. Der Kunde müsse vor jeder TAN-Eingabe den auf dem Mobiltelefon angezeigten Überweisungsbetrag und die dort ebenfalls genannte Ziel-IBAN überprüfen. Dies nicht zu tun, sei grob fahrlässig. Der Kläger hätte im Übrigen bereits aufgrund der völlig unüblichen Aufforderung zu einer Testüberweisung misstrauisch werden müssen. Hinzu komme, dass die Bank auf ihrer Log-In-Seite vor derartigen Betrügereien gewarnt und darauf hingewiesen habe, dass sie niemals zu „Testüberweisungen“ auffordere. Vor diesem Hintergrund sei der Kunde selbst für den Verlust seines Geldes verantwortlich.

Die Entscheidung ist rechtskräftig.

Oberlandesgericht Oldenburg, Az. 8 U 163/17, Hinweisbeschluss vom 28.06.2018, Beschluss vom 21.08.2018.


Internet World Business-Beitrag von Rechtsanwalt Marcus Beckmann - DSGVO: Lage bleibt heikel - Uneinheitliche Entscheidungen zur Abmahnfähigkeit von DSGVO-Verstößen

In Ausgabe 22/2018, S. 17 der Zeitschrift Internet World Business erschien ein Beitrag von Rechtsanwalt Marcus Beckmann mit dem Titel "DSGVO: Lage bleibt heikel - Uneinheitliche Entscheidungen zur Abmahnfähigkeit von DSGVO-Verstößen".

Siehe auch zum Thema
LG Bochum: Verstoß gegen DSGVO ist kein Wettbewerbsverstoß der von Mitbewerbern abgemahnt werden kann

LG Würzburg: Unzureichende Datenschutzerklärung nach DSGVO ist abmahnfähiger Wettbewerbsverstoß

OLG Hamburg: Verstoß gegen Vorgaben der DSGVO kann abmahnfähiger Wettbewerbsverstoß sein


OLG München: Verletzung der Marke Ballermann durch Bewerbung von Partyveranstaltungen bzw. Discoevents mit der Bezeichnung "BALLERMANN PARTY"

OLG München
Urteil vom 27.09.2018
6 U 1304/18


Das OLG München hat entschieden, dass die Bewerbung von Partyveranstaltungen bzw. Discoevents mit der Bezeichnungen "BALLERMANN PARTY" eine Verletzung der Marke Ballermann darstellt.

Aus den Entscheidungsgründen:

"2. Mit den angegriffenen, aus dem Anlagenkonvolut K 5 ersichtlichen, Zeichenverwendungen hat die Beklagte die Klagemarken „Ballermann“ gem. § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG verletzt. Entsprechend den zutreffenden Feststellungen des Landgerichts handelt es sich dabei um eine markenmäßige Zeichenverwendung im geschäftlichen Verkehr, welche eine Verwechslungsgefahr zu den Klagemarken begründet im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Eine Umwandlung der Klagemarken in allgemeine Gattungsbezeichnungen kann nicht angenommen werden. Auch die Schutzschranke des § 23 Nr. 2 MarkenG greift vorliegend nicht ein.

a) Das Erstgericht hat die Annahme einer markenmäßigen Zeichenverwendung durch die streitgegenständliche Bewerbung einer Partyveranstaltung mit den Bezeichnungen „BALLERMANN PARTY“ bzw. „Ballermann Party mit N. “ (vgl. Anlagenkonvolut K 5) zu Recht bejaht.

aa) Eine Markenverletzung nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG kann grundsätzlich nur angenommen werden, wenn eine markenmäßige Zeichenverwendung vorliegt. Dies ist der Fall, wenn die beanstandete Bezeichnung im Rahmen des Produkt- oder Leistungsabsatzes jedenfalls auch der Unterscheidung der Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer dient. Voraussetzung ist also, dass die Benutzung des Zeichens durch einen Dritten die Hauptfunktion der Marke, d. h. die Gewährleistung der Herkunft der Ware oder Dienstleistung gegenüber dem Verbraucher, beeinträchtigt oder immerhin beeinträchtigen könnte (st. Rspr. vgl. BGH GRUR 2017, 397 Rn. 92 - World of Warcraft II; BGH GRUR 2017, 730 Rn. 21 - Sierpinski-Dreieck; BGH GRUR 2017, 520 Rn. 26 - MICRO COTTON; BGH GRUR 2015, 1223 Rn. 21 - Posterlounge; BGH GRUR 2013, 1239 Rn. 20 - VOLKSWA-GEN/Volks.Inspektion; BGH GRURInt. 2012, 666, Tz. 17 - Medusa; BGH GRUR 2010, 838, Tz. 19 - DDR-Logo; BGH BeckRS 2010, 16047, Tz. 16 - CCCP; BGH NJW-RR 2003, 1483 - AntiVir/AntiVirus; BGH GRUR 2002, 809, 811 - FRÜH-STÜCKS-DRINK I). Eine rein beschreibende Verwendung, stellt keine Benutzung im Sinne des § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG dar (vgl. EuGH GRUR 2009, 756 Rn. 61 -L'Oreal/Bellure; BGH GRUR 2017, 520 Rn. 26 - MICRO COTTON; BGH GRUR 2002, 814, 815 - Festspielhaus; BGH GRUR 2002, 812, 813 - FRÜHSTÜCKS-DRINK II; BGH GRUR 2008, 912 Rn.- metrosex). Maßstab für die Beurteilung der Frage, ob ein markenmäßiger Gebrauch des angegriffenen Zeichens vorliegt, ist das Verständnis der angesprochenen Verkehrskreise, wobei die Auffassung eines durchschnittlich informierten, verständigen und situationsadäquat aufmerksamen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen zugrunde zu legen ist (BGH GRUR 2012, 618, Rn. 23 - Medusa; BGH GRUR 2003, 963, 964 Anti-Vir/AntiVirus; BGH GRUR 2002, 812, 813 - FRÜHSTÜCKS-DRINK II; weitere Nachweise bei Hacker in Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 12. Aufl. 2018, § 14 Rn. 123). Dabei wird die Verkehrsauffassung auch durch die Kennzeichnungsgewohnheiten in dem maßgeblichen Waren- oder Dienstleistungssektor (vgl. BGH GRUR 2017, 730 Rn. 22 - Sierpinski-Dreieck) und durch die konkrete Aufmachung bestimmt, in der die angegriffene Bezeichnung dem Publikum entgegentritt (vgl. EuGH GRUR 2008, 698 Rn. 64 - O2/Hutchison; BGH GRUR 2012, 1040 Rn. 19 - pjur/pure; BGH GRUR 2010, 838 Rn. - DDR-Logo; BGH GRUR 2003, 963, 964 AntiVir/AntiVirus BGH GRUR 2002, 809, 811 - FRÜHSTÜCKS-DRINK I). Eine blickfangmäßige Herausstellung oder die Verwendung eines Zeichens im Rahmen der Produktkennzeichnung spricht dabei für eine markenmäßige Verwendung (vgl. BGH GRUR 2017, 520 Rn. 26 - MICRO COTTON; BGH GRUR 2012, 1040 Rn. 19 - pjur/pure). Grundsätzlich ist der Begriff der markenmäßigen Benutzung weit zu fassen (vgl. Senat, Urt. v. 10.01.2008, Az. 6 U 5290/06, BeckRS 2009, 09009 - Power Ball). Dabei genügt die objektive, nicht völlig fernliegende Möglichkeit, dass der Verkehr einen Herkunftshinweis annimmt (EuGH GRUR 2003, 55 - Arsenal Football Club, Rn. 57 und 51; EuGH GRUR 2002, 692 Rn. 17 - Hölterhoff).

bb) Vorliegend sind die angesprochenen Durchschnittsverbraucher daran gewöhnt, dass Partys in Diskotheken unter bestimmten Bezeichnungen beworben und veranstaltet werden können. Eine solche Bezeichnung kann einerseits - wie der angesprochene Verkehr weiß - im jeweiligen Einzelfall unter Verwendung freihaltebedürftiger Begriffe rein beschreibend in Bezug auf das jeweilige Party-Motto sein, wie etwa „Summer Party“, „Beach Party“, „Christmas Party“, „Halloween-Party“ etc. (vgl. auch die von der Beklagten in ihrer Berufungsbegründung angeführten Bezeichnungen „Gothic-Party“, „Grufti-Party“ oder „Punk-Party“). Die Bezeichnung kann sich demgegenüber aber auch in herkunftshinweisender Funktion auf den jeweiligen Veranstalter, auf einen Produkthersteller - etwa als Werbepartner bzw. Sponsor - oder auf die Kennzeichnung einer kommerziell - häufig im Wege von Lizenzierungen vermarkteten -angebotenen Partyveranstaltung bzw. Partyveranstaltungs-Reihe beziehen.

cc) Der Bundesgerichtshof hat in Bezug auf die Bezeichnung „Ballermann 6“ als Marke für alkoholische Getränke mit Urteil vom 24.04.2000 (Az. I ZR 168/97, NJW 2001, 114, 115 - Ballermann) festgestellt, dass die vom angesprochenen Verkehr hiermit verbundenen Assoziationen nicht zur Annahme eines beschreibenden Begriffsinhalts führen, indem er ausgeführt hat:
„[…] Die vom Berufungsgericht herangezogenen Assoziationen an ein Etablissement in Arenal, das durch Urlaubsfeiern mit ausschweifendem Alkoholkonsum bekannt geworden sei und im Ruhrgebiet zu ebenso benannten „Nachfolgeparties“ angeregt habe, rechtfertigen nicht die Annahme einer Schwächung der Kennzeichnungskraft der Klagemarke, sondern stärken diese angesichts der in Betracht zu ziehenden alkoholischen Getränke eher, weil jedenfalls der Teil des Verkehrs, dem das Etablissement bekannt ist und der deshalb die Assoziation nachvollziehen kann, darin eine nicht wenig phantasievolle Übertragung im Sinne ner Produktkennzeichnung sehen wird.“

dd) Das Deutsche Patent- und Markenamt hat im Löschungsverfahren betreffend die Klagemarke DE 39748147 „Ballermann“ mit Beschluss vom 15.01.2003, S 152/01 Lösch, S. 9 (K 19) zur Begründung der Aufrechterhaltung der Marke Folgendes festgestellt:
„Ballermann“ stellt eine Verballhornung des Namens des Strandlokals „Balneario 6“ dar und bezeichnet damit in umgangssprachlicher Weise eine bestimmte Lokalität auf Mallorca. Hiermit verbindet sich jedoch zumindest ursprünglich keine Aussage über verkehrswesentliche Eigenschaften der verschiedenen Waren und Dienstleistungen, für die die Marke Schutz beansprucht.
Eine größere Bekanntheit und damit einen beschreibenden Anklang in Bezug auf einzelnen Waren und Dienstleistungen des Verzeichnisses erlangte „Ballermann“ erst durch die Anmeldung der Marke „Ballermann 6“ durch den Ehemann der Antragsgegnerin im Herbst 1994 […] Sofern sich derzeit für einzelne Waren und Dienstleistungen, wie etwa alkoholische Getränke, Musikzusammenstellungen oder Unterhaltungsveranstaltungen, mit der angegriffenen Marke bestimmte Vorstellungen verbinden, handelt es sich bei diesen nicht um solche in Zusammenhang mit dem Namen einer Strandbar auf Mallorca, sondern um solche in Zusammenhang mit der Marke „Ballermann“. Zum Zeitpunkt der Eintragung der angegriffenen Marke wies diese daher als allgemeine Bezeichnung keinen konkreten Aussagegehalt auf. Lediglich als bestehende Marke verbanden sich mit der angegriffenen Marke bestimmte Vorstellungen. […].“

ee) Der angesprochene Verkehr wird im Streitfall auch unter Berücksichtigung der Art und Weise der Zeichenverwendung in der blickfangmäßigen Zeichenverwendung „BALLERMANN-PARTY“ bzw. „Ballermann Party mit N.“ (vgl. Anlagenkonvolut K 5) keine rein beschreibende Angabe erblicken. Mit dem Begriff „Ballermann“ werden die angesprochenen Verkehrskreise zwar bestimmte Assoziationen im Hinblick auf eine Örtlichkeit auf der spanischen Ferieninsel Mallorca, an welcher ein ausschweifendes Partyleben stattfindet, verbinden. Eine beschreibende Bedeutung im Hinblick auf eine Partyveranstaltung (in Deutschland) im Sinne eines allgemeinen Gattungsbegriffs kann der Bezeichnung aber - auch im Hinblick auf die streitgegenständliche Art und Weise der Verwendung, nämlich unter plakativ kennzeichnender Verwendung des Begriffs „Ballermann“ als Bezeichnung der beworbenen Party - nicht entnommen werden (vgl. bereits OLG München vom 29.11.2001, 6 U 4146/01, K 18 und OLG München 29 U 3240/05, K 28). Eine beschreibende Bedeutung des Begriffs „Ballermann“ in Bezug auf Partyveranstaltungen lässt sich auch nicht den von Beklagtenseite vorgelegten Auszügen aus dem deutschen Duden (vgl. Anlagen B 3 und B 4) entnehmen. Soweit dort als eine von mehreren Bedeutungen das „Gebiet an der Playa de Palma auf Mallorca, das durch eine Vielzahl von Bars, Strandcafes und Ähnlichem gekennzeichnet ist“ genannt wird, entspricht dies der oben bereits erwähnten, vom angesprochenen Verkehr mit dem Begriff „Ballermann“ verbundenen Assoziation, stellt aber keine beschreibende Bedeutung in Bezug auf eine Partyveranstaltung dar. Tatsächliche Umstände, aus denen sich ergeben würde, dass der Begriff „Ballermann“ vom Verkehr in geläufiger Weise als allgemein beschreibende Bezeichnung in Bezug auf Partyveranstaltungen in Deutschland verwendet würde, sind auch von Beklagtenseite nicht dargetan. Demgegenüber hat die Klägerin - unbestritten - vorgetragen, dass Partyveranstaltungen, die in Deutschland unter der Bezeichnung „Ballermann“ stattfinden, Gegenstand von Lizenzierungen aus den Klagemarken seien."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

OLG Frankfurt: Internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte bei Verletzung einer Unionsmarke im einstweiligen Verfügungsverfahren aus Art. 131 I UMV

OLG Frankfurt am Main
Beschluss vom 12.09.2018
6 W 81/18


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass sich die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte bei Verletzung einer Unionsmarke im einstweiligen Verfügungsverfahren aus Art. 131 I UMV ergibt.

Aus den Entscheidungsgründen:

"1. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ist gegeben. Es kann dahinstehen, ob - wie vom Landgericht angenommen - der Gerichtsstand des Verletzungsorts nach Art. 125 Abs. 5 der VO 2017/1001 (= UMV) eröffnet ist. Dem könnte die aktuelle Rechtsprechung des BGH entgegenstehen (vgl. BGH GRUR 2018, 84 [BGH 09.11.2017 - I ZR 164/16] Rn. 31 - Parfummarken). Für das vorliegende Eilverfahren ergibt sich die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte jedenfalls aus Art. 131 I UMV. Danach können bei den Gerichten eines Mitgliedstaats in Bezug auf eine Unionsmarke alle einstweiligen Maßnahmen beantragt werden, die in dem Recht dieses Staates für eine nationale Marke vorgesehen sind, auch wenn für die Entscheidung in der Hauptsache ein Unionsmarkengericht eines anderen Mitgliedstaats zuständig ist. Die Zuständigkeit wird damit u.a. für einstweilige Unterlassungsverfügungen am Ort der konkret angegriffenen Verletzungshandlung erweitert (vgl. Müller in Beck OK UMV, Büscher/Kochendörfer, 9. Ed., Art. 131 Rn. 8, 12). Im Streitfall geht es um ein deutschsprachiges Angebot auf der Handelsplattform Amazon. Es enthält eine direkte Bestellmöglichkeit und wendet sich gezielt an Parfumkäufer in Deutschland. Dass der Prozess der Veröffentlichung des Angebots am Sitz der Antragsgegnerin in Italien in Gang gesetzt worden sein dürfte, ist für den Eilgerichtsstand unerheblich.

2. Die Antragstellerin hat gegen die Antragsgegnerin gemäß Art. 9 II lit. b), 130 UMV einen Anspruch auf Unterlassung der Verwendung der Bezeichnung "Bella la Vita" wie aus der Anlage AS 3 ersichtlich.

a) Die Verfügungsmarke, eine Wortmarke, steht in Kraft und befindet sich noch in der Benutzungsschonfrist. Die Antragsgegnerin hat das angegriffene Zeichen im geschäftlichen Verkehr markenmäßig benutzt.

b) Es besteht Verwechslungsgefahr. Die Verwechslungsgefahr ist unter Heranziehung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen der Identität oder der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen, dem Grad der Ähnlichkeit der Marken und der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke. Das angegriffene Zeichen ist auf Waren angebracht, die mit jenen identisch sind, für die die Verfügungsmarke eingetragen ist. Mangels abweichender Anhaltspunkte ist von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Verfügungsmarke auszugehen. Entgegen der Ansicht des Landgerichts kann auch die Zeichenähnlichkeit nicht als derart gering angesehen werden, dass bei der vorzunehmenden Gesamtbewertung eine Verwechslungsgefahr ausscheidet. Für die Beurteilung der Zeichenähnlichkeit ist auf den jeweiligen Gesamteindruck der einander gegenüberstehenden Zeichen abzustellen. Das Landgericht hat auf schriftbildliche und begriffliche Unterschiede der Zeichen hingewiesen. Für die Bejahung der Zeichenähnlichkeit reicht jedoch regelmäßig bereits die Ähnlichkeit in einem Wahrnehmungsbereich aus (BGH GRUR 2011, 824 [BGH 20.01.2011 - I ZR 31/09] Rn. 26 - Kappa m.w.N.). Es besteht aus Sicht der maßgeblichen deutschen Verbraucher zumindest eine phonetische Ähnlichkeit der gegenüberstehenden Zeichen "Bella Vida" und "Bella la Vita". Eine Neutralisierung der klanglichen Ähnlichkeit käme nur in Frage, wenn der Verkehr einer der beiden Bezeichnungen einen klar erkennbaren Bedeutungsgehalt zumessen würde (BGH GRUR 2010, 235 [BGH 29.07.2009 - I ZR 102/07] Rn. 19 - AIDA/AIDU). Davon kann nicht ausgegangen werden. Der Senat teilt nicht die Annahme des Landgerichts, der Verkehr werde bei "Bella Vida" an einen spanischen und bei "Bella la Vita" an einen italienischen Duft denken. Der Durchschnittsverbraucher versteht weder Spanisch noch Italienisch. Außerdem kommt es nicht darauf an, welchen Duft der Verbraucher mit der Marke verbindet, sondern darauf, ob er davon ausgeht, dass beide Bezeichnungen demselben Hersteller zuzurechnen sind. Das hängt nicht von der zu erwartenden Duftnote ab.

3. Den Verfügungsantrag zu 3. hat das Landgericht zu Recht zurückgewiesen. Die Verpflichtung zur Erteilung von Auskünften kann nur in Fällen offensichtlicher Rechtsverletzung im Wege der einstweiligen Verfügung angeordnet werden (Art. 129 UMV i.V.m. § 19 VII MarkenG). Gemeint sind Fälle, in denen eine andere Beurteilung der Rechtsverletzung im Rahmen des richterlichen Ermessens kaum möglich ist (OLG Hamburg GRUR-RR 2003, 101). Die Markenverletzung ist im Streitfall - wie schon die Entscheidung des Landgerichts zeigt - nicht offensichtlich."

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

LG Frankfurt: Miturheber eines Werkes hat nach § 13 UrhG Recht auf Nennung als Miturheber

LG Frankfurt
Urteil vom 08.11.2018
2-03 O 354/18


Das LG Frankfurt hat entschieden, dass der Miturheber eines Werkes nach § 13 UrhG ein Recht auf Nennung als Miturheber hat.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Nach § 13 UrhG hat der Urheber das Recht auf Anerkennung seiner Urheberschaft, dies gilt bei einer Miturheberschaft auch für die Nennung als Miturheber. In dieses Recht hat die Beklagte durch die hier streitgegenständliche Form der Nennung des Klägers unzulässig eingegriffen. Rechtsfolge einer Verletzung des Urheberbenennungsrechts ist (auch) ein Anspruch des Urhebers, die weitere Nutzung seine Werks ohne Urheberbenennung zu unterlassen (BGH GRUR 1963, 40, 43 - Straßen - gestern und morgen; Dreier/Schulze, UrhG, 6. Aufl. 2018, § 13 Rn. 34; Schricker/Loewenheim-Dietz/Peukert, UrhG, 5. Aufl. 2017, § 13 Rn. 20; Spindler/Schuster-Wiebe, Recht der elektronischen Medien, 3. Aufl. 2015, § 13 UrhG Rn. 10).

Der Kläger ist als (Mit-)Urheber der streitgegenständlichen Kapitel anzusehen. Es steht zur hinreichenden Überzeugung der Kammer gemäß den §§ 286, 294 ZPO fest, dass der Kläger die streitgegenständlichen Kapitel E. und L.II zunächst in Alleinautorenschaft erstellt hat. Es ist ferner glaubhaft gemacht, dass die Kapitel nicht vollständig neu geschrieben wurden, sondern diese durch die neuen Bearbeiter lediglich modifiziert wurden. Die Beklagte hat im Termin zur mündlichen Verhandlung auch eingeräumt, dass Formulierungen des Klägers in erheblichem Umfang noch in der 6. Auflage vorhanden sind. Dies solle dem Kläger nicht abgesprochen werden. Auch ist die Beklagte den Ausführungen des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung, dass er die streitgegenständlichen Kapitel von Anfang an und bis zur 5. Auflage allein verfasst habe, und insbesondere nicht mit zwei weiteren Autoren, diese hätten andere Abschnitte als er bearbeitet, nicht mehr entgegengetreten.

Die vom Kläger verfassten Texte sind urheberrechtlich als Sprachwerk gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG schutzfähig. Bei Sprachwerken muss ihr geistiger Gehalt durch das Mittel der Sprache zum Ausdruck kommen. Die geistige Leistung muss aus dem Werk selbst erkennbar werden (Dreier/Schulze, UrhG, a.a.O., § 2 Rn. 81 m.w.N.). Dies ist hier der Fall. Allein der Umstand, dass der Kläger sich beim Verfassen des Textes auf andere Literaturquellen und Formulierungen in der Rechtsprechung gestützt hat, spricht nicht gegen die Annahme, dass die konkrete Gestaltung und die konkreten einzelnen Formulierungen über die sehr umfangreichen Texte eine persönliche geistige Schöpfung darstellen würde.

Dass den Beiträgen des Klägers keine Schutzfähigkeit zukommt, hat die Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung im Wesentlichen auch nicht mehr vertreten.

An der Miturheberschaft des Klägers an den streitgegenständlichen Texten ändert auch sein Ausscheiden aus der Herausgeber- und Autorenschaft nichts. Denn hiermit hat der Kläger seine Rechte nicht aufgegeben. Auch ist durch die Bearbeitung der neuen Autoren das Recht des Klägers nicht entfallen. Es ist im Termin zur mündlichen Verhandlung letztlich unstreitig geblieben, dass weite Teile der Texte des Klägers auch in der 6. Auflage noch - zu großen Teilen unverändert oder nur minimal verändert - enthalten waren. Der Kläger hat dementsprechend grundsätzlich einen Anspruch darauf, in den nach seinem Ausscheiden erscheinenden Auflagen noch so lange als ehemaliger Autor bzw. Mitautor genannt zu werden, wie diese Auflagen noch von seinem Wirken geprägt sind (vgl. OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 29.05.1970 - 6 U 55/67, OLGZ 1971, 171, 172 - Taschenbuch für Wehrfragen).

Dieses Recht auf Urhebernennung des Klägers als Miturheber hat die Beklagte durch die von ihr hier gewählte Form verletzt.

Nach § 13 UrhG hat der Urheber das Recht auf Anerkennung seiner Urheberschaft. § 13 S. 2 UrhG sieht diesbezüglich zwei Alternativen vor. Nach § 13 S. 2, 1. Alt. UrhG kann der Urheber bestimmen, ob das Werk mit einer Urheberbezeichnung zu versehen ist. Nach § 13 S. 2, 2. Alt. UrhG kann er auch bestimmen, welche Bezeichnung zu verwenden ist, also wie die Urheberbezeichnung auszugestalten ist. In jedem Fall muss die Namensnennung so erfolgen, dass das Werk durch die Form der Namensnennung dem Urheber zugeschrieben wird (OLG München ZUM 2000, 404, 407; Wandtke/Bullinger, UrhG, 4. Aufl. 2014, § 13 Rn. 11; Dreier/Schulze, a.a.O., § 13 Rn. 21; Fromm/Nordemann-Dustmann, UrhG, 11. Aufl. 2014, § 13 Rn. 22). Der Hinweis auf die Urheberschaft ist eindeutig und unmissverständlich im unmittelbarem räumlichen Zusammenhang mit dem Werk anzubringen (Schricker/Loewenheim-Dietz/Peukert, a.a.O., § 13 Rn. 15). Nicht ausreichen soll es insofern, wenn die Verfasser einzelner in einem Buch enthaltener Beiträge am Ende des Buchs in alphabetischer Aufzählung genannt werden, ohne dass eine Zuordnung der einzelnen Bearbeiter zu den konkreten Beiträgen möglich ist (OLG München NJW-RR 2000, 1574, 1576 [OLG München 20.01.2000 - 29 U 4724/99]; vgl. auch AG Frankfurt a.M. AfP 2006, 283 [AG Frankfurt am Main 17.03.2006 - 31 C 26891/05-16]: Nennung nur im Impressum einer Webseite). Dem Urheber ist ferner nicht damit gedient, dass sein Name in irgendeiner Form erwähnt oder in der Nähe seines Werkes aufgeführt wird (Wandtke/Bullinger, a.a.O., § 13 Rn. 11).

Die Art und Weise der Urheberbenennung kann im Einzelnen durch eine vertragliche Regelung oder unter Berücksichtigung der Branchengewohnheiten und der Verkehrsübung bestimmt werden (vgl. Dreyer/Kotthoff/Meckel/Hentsch, UrhG, 4. Aufl. 2018, § 13 Rn. 25; Schricker/Loewenheim-Dietz/Peukert, a.a.O., § 13 Rn. 28 m.w.N.). Hierbei können auch solche Verkehrsgewohnheiten darauf zu überprüfen sein, ob das Interesse des Urhebers gemäß § 13 UrhG hinreichend berücksichtigt wird (OLG Düsseldorf GRUR-RR 2006, 393, 395: sorgfältige Prüfung im Einzelfall; Schricker/Loewenheim-Dietz/Peukert, a.a.O., § 13 Rn. 28).

So ist bei körperlichen Werkexemplaren der Urheber auf der Titelseite oder sonst an üblicher Stelle zu benennen (Dreier/Schulze, a.a.O., § 13 Rn. 20). Im Hinblick auf ein im Internet abrufbares Foto soll die Urheberbezeichnung grundsätzlich so angebracht werden, dass der Name bei jedem Abruf des Fotos erscheint. Es soll nicht genügen, wenn der Fotograf am Ende der Internet-Seite genannt wird, das Foto aber auch gesondert abgerufen werden kann und dabei der Name des Fotografen nicht erscheint (LG Köln K&R 2014, 211, 212 - Pixelio; Dreier/Schulze, a.a.O., § 13 Rn. 21; Schricker/Loewenheim-Dietz/Peukert, a.a.O., § 13 Rn. 15; vgl. auch OLG Düsseldorf GRUR-RR 2006, 393, 395). Der Name des Fotografen soll unmittelbar bei dem Foto sichtbar sein, nicht erst über eine "Mouse-Over"-Funktion (LG München I ZUM 2015, 827, 830 [LG München I 05.05.2015 - 33 O 10898/14]).

Besonderheiten können sich zudem im Verlagswesen ergeben. Hier kann der Verleger gemäß § 14 S. 2 VerlG die konkrete äußere Form der Urheberbezeichnung bestimmen (Dreier/Schulze, a.a.O., § 13 Rn. 20; Dreyer/Kotthoff/Meckel/Hentsch, a.a.O., § 13 Rn. 26). Danach obliegt es dem Verlag zu bestimmen, wie die vom Verfasser gewählte Urheberbezeichnung konkret anzubringen ist (Drucktypen, Layout der Titelseite, graphische Umschlaggestaltung etc.). Durch die gewählte Art der Anbringung soll jedoch nicht das Recht des Verfassers aus § 13 UrhG verletzt werden, etwa durch Hervorrufen eines falschen Eindrucks über die Rolle mehrerer Beteiligter (Schricker, Verlagsrecht, 3. Aufl. 2001, § 14 Rn. 9; vgl. auch Ulmer-Eilfort/Obergfell, Verlagsrecht, 2013, § 14 Rn. 10). Der Verleger muss dafür Sorge tragen, dass die Urheberbezeichnung an einer in der Branche üblichen Stelle im Werk zu finden ist, dass die Urheberbezeichnung dort gut leserlich erscheint und dass sie nicht aufgrund der Verbindung mit anderen Informationen verfälscht wird (Ulmer-Eilfort/Obergfell, a.a.O., § 14 Rn. 10). Bei mehreren Verfassern (insbesondere von wissenschaftlichen Werken) soll es z.B. der Übung entsprechend, dass nur der Herausgeber auf der Titelseite genannt wird, während die weiteren Beteiligten im Rahmen eines Bearbeiterverzeichnisses zu nennen sind (BeckOK-UrhR/Wegner, 21. Ed. 2018, § 14 VerlG Rn. 13).

aa. Nach diesen Maßstäben ist jedenfalls die Nennung des Klägers im Vorwort sowie im Gesamtverzeichnis des Werks nicht hinreichend. Weder aus dem Vorwort noch aus dem alphabetischen Bearbeiterverzeichnis kann der Leser des Werks eindeutig entnehmen, welche Kapitel oder Abschnitte dem Kläger als (Mit-)Urheber zuzuordnen sind (vgl. OLG München NJW-RR 2000, 1574, 1576 [OLG München 20.01.2000 - 29 U 4724/99]; AG Frankfurt a.M. AfP 2006, 283 [AG Frankfurt am Main 17.03.2006 - 31 C 26891/05-16]).

bb. Den oben genannten Grundsätzen genügt jedoch auch die im streitgegenständlichen Werk erfolgte Nennung des Klägers in einem Sternchenhinweis am Anfang des Kapitels - auch unter Berücksichtigung des Ermessens des Verlages gemäß § 14 S. 2 VerlG und der Nennung im Vorwort und im Bearbeiterverzeichnis - nicht. Diese Nennung in einem Sternchenhinweis erfolgte nicht eindeutig, unmissverständlich und im hinreichenden, unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit den Beiträgen des Klägers an einer üblichen Stelle, ohne dass die Angabe durch andere Angaben verfälscht wird. Sie ist vielmehr geeignet, beim Durchschnittsleser einen falschen Eindruck über die Rolle des Klägers in Bezug auf die hier streitgegenständlichen Kapitel hervorzurufen. Diese Art und Weise der Nennung des Klägers entspricht auch weder den Verkehrsgewohnheiten gemäß § 13 UrhG noch der "in der Branche üblichen Stelle" gemäß § 14 S. 2 VerlG.

(1) Die Kammer hat hierbei zu Gunsten der Beklagten berücksichtigt, dass der Kläger im Vorwort und im Bearbeiterverzeichnis (allerdings ohne Zuordnung zu den Kapiteln) genannt ist. Auch den Sternchenhinweis hat die Kammer in diesem Zusammenhang einbezogen. Die Kammer erkennt darüber hinaus, dass bei der Übernahme von Bearbeitungen in einem juristischen Fachwerk der neue Autor andere Auffassungen als der Vorautor vertreten kann und deshalb ggf. eine Abgrenzung zu den Auffassungen der Vorauflage erforderlich sein kann.

Weiter hat die Kammer auch die vertraglichen Vereinbarungen zwischen den Parteien untersucht. Zwar lässt sich § 12 des Vertrages entnehmen, dass ein neuer Bearbeiter bei Ausscheiden des Klägers gewählt werden kann. Die Klausel enthält jedoch keinerlei Angaben zur Urheberbenennung in einem Fall wie dem hiesigen."


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BGH: Rechtsmittelzuständigkeit bei landesgesetzlicher Konzentration nach § 105 UrhG und falsche Belehrung durch erstinsanzliches Gericht

BGH
Beschluss vom 7. Juni 2018
I ZB 48/17
Pizzafoto
ZPO § 281; ZuVOJu BW § 13 Abs. 1 Nr. 1


Leitsatz des BGH:

Besteht für eine Rechtsmittelzuständigkeit eine landesgesetzliche Konzentration nach § 105 UrhG für Urheberrechtsstreitsachen und erteilt das erstinstanzliche Gericht eine unzutreffende Belehrung über das für das Rechtsmittelverfahren zuständige Gericht, kann die Partei bei dem in der Rechtsmittelbelehrung
angeführten Gericht fristwahrend Rechtsmittel einlegen, auch wenn dessen Zuständigkeit für das Rechtsmittelverfahren tatsächlich nicht gegeben ist. Das funktional unzuständige Gericht hat die Sache entsprechend § 281 ZPO an das nach der Konzentrationsregelung zuständige Rechtsmittelgericht zu verweisen (Fortführung von BGH, GRUR 2016, 636 - Gestörter Musikvertrieb).

BGH, Beschluss vom 7. Juni 2018 - I ZB 48/17 - LG Freiburg im Breisgau - AG Staufen im Breisgau

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Volltext BGH: Anspruch eines Neuwagenkäufers auf Ersatzlieferung eines mangelfreien Fahrzeugs kann nur bei Unverhältnismäßigkeit verweigert werden

BGH
Urteil vom 24. Oktober 2018
VIII ZR 66/17


Wir hatten bereits in dem Beitrag BGH: Anspruch eines Neuwagenkäufers auf Ersatzlieferung eines mangelfreien Fahrzeugs kann nur bei Unverhältnismäßigkeit verweigert werden über die Entscheidung berichtet.

Leitsätze des BGH:

BGB § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2

a) Ein Fahrzeug ist nicht frei von Sachmängeln, wenn die Software der Kupplungsüberhitzungsanzeige eine Warnmeldung einblendet, die den Fahrer zum Anhalten auffordert, um die Kupplung abkühlen zu lassen, obwohl dies auch bei Fortsetzung der Fahrt möglich ist.

b) An der Beurteilung als Sachmangel ändert es nichts, wenn der Verkäufer dem Käufer mitteilt, es sei nicht notwendig, die irreführende Warnmeldung zu beachten. Dies gilt auch dann, wenn der Verkäufer zugleich der Hersteller des Fahrzeugs ist.

BGB § 439 Abs. 1 Alt. 2, § 275 Abs. 1

Der Verkäufer eines mit einem Softwarefehler behafteten Neufahrzeugs kann der vom Käufer beanspruchten Ersatzlieferung eines mangelfreien Fahrzeugs nicht entgegenhalten, diese sei unmöglich geworden (§ 275 Abs. 1 BGB), weil die nunmehr produzierten Fahrzeuge der betreffenden Modellversion mit einer korrigierten Version der Software ausgestattet seien.

BGB § 439 Abs. 1 Alt. 2, § 242

a) Der Wahl der Nacherfüllung durch Ersatzlieferung einer mangelfreien Sache steht - in den Grenzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) - grundsätzlich nicht entgegen, dass der Käufer zuvor vergeblich Beseitigung des Mangels (§ 439 Abs. 1 Alt. 1 BGB) verlangt hat.

b) Das Festhalten des Käufers an dem wirksam ausgeübten Recht auf Ersatzlieferung einer mangelfreien Sache ist - ebenso wie das Festhalten des Käufers an einem wirksam erklärten Rücktritt vom Kaufvertrag (BGH, Urteile vom 5. November 2008 - VIII ZR 166/07, NJW 2009, 509 Rn. 23; vom 26. Oktober 2016 - VIII ZR 240/15, NJW 2017, 153 Rn. 31) - nicht treuwidrig, wenn der Mangel nachträglich ohne Einverständnis des Käufers beseitigt wird (hier durch Aufspielen einer korrigierten Version der Software).

BGB § 439 Abs. 3 aF (§ 439 Abs. 4)
a) Ob die vom Käufer beanspruchte Art der Nacherfüllung (hier: Ersatzlieferung einer mangelfreien Sache) im Vergleich zu der anderen Variante (hier: Beseitigung des Mangels) wegen der damit verbundenen Aufwendungen für den Verkäufer unverhältnismäßige Kosten verursacht und diesen deshalb unangemessen belastet, entzieht sich einer verallgemeinerungsfähigen Betrachtung und ist aufgrund einer umfassenden Interessenabwägung und Würdigung aller maßgeblichen Umstände des konkreten Einzelfalls unter Berücksichtigung der in § 439 Abs. 3 Satz 2 BGB aF (§ 439 Abs. 4 Satz 2 BGB) genannten Kriterien festzustellen.

b) Für die Beurteilung der relativen Unverhältnismäßigkeit der vom Käufer gewählten Art der Nacherfüllung im Vergleich zu der anderen Art ist grundsätzlich auf den Zeitpunkt des Zugangs des Nacherfüllungsverlangens abzustellen.

c) Der auf Ersatzlieferung in Anspruch genommene Verkäufer darf den Käufer nicht unter Ausübung der Einrede der Unverhältnismäßigkeit auf Nachbesserung verweisen, wenn der Verkäufer den Mangel nicht vollständig, nachhaltig und fachgerecht beseitigen kann.

BGB § 439 Abs. 2
§ 439 Abs. 2 BGB kann verschuldensunabhängig auch vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten erfassen, die dem Käufer entstehen, um das Vertragsziel der Lieferung einer mangelfreien Sache zu erreichen.

BGH, Urteil vom 24. Oktober 2018 - VIII ZR 66/17 - OLG Nürnberg - LG Nürnberg-Fürth

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OLG Nürnberg: Keine Dringlichkeit für einstweilige Verfügung bei Markenrechtsverletzung im Internet wenn Verletzer Verletzungshandlung auf Website eingestellt hat

OLG Nürnberg
Beschluss vom 12.10.2018
3 W 1932/18


Das OLG Nürnberg hat entschieden, dass keine Dringlichkeit für eine einstweilige Verfügung bei Markenrechtsverletzungen im Internet besteht, wenn der Verletzer die Verletzungshandlung auf der Website eingestellt hat. Nach Ansicht des OLG Nürnbegr ist die Dringlichkeitsvermutung in § 12 Abs. 2 UWG nicht analog auf Markenrechtsverletzungen anzuwenden.

Aus den Entscheidungsgründen:

"1. Eine Dringlichkeitsvermutung besteht für kennzeichenrechtliche Auseinandersetzungen nicht, die Vorschrift des § 12 Abs. 2 UWG ist bei Kennzeichenverletzungen nicht anwendbar.

a) Die analoge Anwendbarkeit des § 12 Abs. 2 UWG auf markenrechtliche Unterlassungsansprüche wird nicht einheitlich beurteilt. Teilweise wird auch in aktuelleren Entscheidungen eine analoge Anwendbarkeit bejaht (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 12. Oktober 2017 - 2 U 162/16, Rn. 48). Die überwiegende Meinung in der neueren Rechtsprechung (vgl. OLG München, Urteil vom 24. August 2006 - 6 U 4455/05, Rn. 4; OLG Düsseldorf, Urteil vom 27. Januar 2015 - 20 U 114/14, Rn. 21; OLG Frankfurt, Urteil vom 08. Juni 2017 - 6 U 249/16, Rn. 18 - ELVAPO/EVAPO) und in der Literatur (vgl. Singer, in Ahrens, Der Wettbewerbsprozess, 8. Aufl. 2017, Kapitel 45, Rn. 47; Feddersen, in Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 11. Aufl. 2016, 54. Kapitel, Rn. 19 ff.; Köhler, in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 36. Aufl. 2018, § 12 Rn. 3.14) lehnt jedoch die analoge Anwendung ab.

b) Der Senat schließt sich der letztgenannten Auffassung an. Sollte sich aus dem Urteil des OLG Nürnberg vom 27. 11. 2001 - 3 U 3017/01 - NIKE-Sportschuhe etwas anderes ergeben, hält der Senat daran nicht mehr fest.
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Zum einen fehlt es an der für die Analogie notwendigen planwidrigen Regelungslücke. Der Gesetzgeber hat die Dringlichkeitsvermutung anlässlich der Übernahme des § 16 UWG a. F. in das Markengesetz nicht auf das Markenrecht ausgedehnt, obwohl der Streit, in welchem Umfang eine Analogie zu § 25 UWG a. F. (jetzt § 12 Abs. 2 UWG) möglich ist, schon lange bestand.

Zum anderen fehlt es an der Vergleichbarkeit der Interessenlage. Denn bei Schutzrechtsverletzungen geht es - anders als bei UWG-Verstößen und den Fällen des UKlaG - sehr oft auch auf der Verletzerseite um beachtliche Schutzrechtspositionen, sodass eine schematische Dringlichkeitsvermutung hier weit weniger angebracht ist als bei UWG-Verstößen. Dies wird auch dadurch verdeutlicht, dass bei der Verjährungsfristregelung der Gesetzgeber allein die Fälle des UWG als so dringlich verfolgungsbedürftig angesehen hat, dass ihm die kurze Frist von sechs Monaten gerechtfertigt erscheint (vgl. Feddersen, a.a.O., 54. Kapitel, Rn. 20).

2. Daher bedarf der Erlass einer vollstreckbaren Entscheidung auf Grund eines bloß summarischen Verfahrens einer besonderen Rechtfertigung (OLG Köln, Urteil vom 05. Dezember 2014 - I-6 U 100/14, Rn. 19 - Ich bin dann mal weg).

a) Ein Verfügungsgrund gemäß §§ 935, 940 ZPO besteht demnach in der objektiv begründeten Besorgnis, durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes werde die Verwirklichung des Rechts des Gläubigers vereitelt oder wesentlich erschwert, so dass er aufgrund einer besonderen Dringlichkeit bis zur Entscheidung in der Hauptsache einer einstweiligen Sicherung seines Anspruchs bedarf (OLG Köln, Urteil vom 08. März 2012 - I-15 U 193/11, Rn. 8). Dabei darf man die Wiederholungsgefahr als Voraussetzung des Verfügungsanspruchs nicht mit dem Verfügungsgrund, also der Dringlichkeit wegen drohender Nachteile, gleichsetzen (OLG Dresden, NJW 2005, 1871). Notwendig ist eine einzelfallorientierte Interessenabwägung (OLG Köln, Urteil vom 31. Oktober 2014 - I-6 U 55/14, Rn. 18 - Capri-Sonne). Dabei ist eine Folgenabschätzung vorzunehmen. Das Interesse des Verfügungsklägers muss die Nachteile eines Zuwartens bis zur Hauptsacheentscheidung so überwiegen, dass der Eingriff in die Sphäre des Verfügungsbeklagten auf Grund eines bloß summarischen Verfahrens gerechtfertigt ist. Im Rahmen dieser Interessenabwägung ist insbesondere zu fragen, welche Folgen beim Antragsteller aus der Rechtsverletzung bis zum Erlass einer Entscheidung in der Hauptsache erwachsen, ob diese Nachteile nachträglich angemessen kompensiert werden können und wann mit einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren zu rechnen ist (Voß, in Cepl/Voß, Prozesskommentar zum Gewerblichen Rechtsschutz, 1. Aufl. 2015, § 940 ZPO Rn. 62; OLG Düsseldorf, Urteil vom 07. Juni 2011 - I-20 U 1/11, Rn. 20 - E-Sky).

Der Grund für eine Entscheidung im Wege der einstweiligen Verfügung besteht bei Markenrechtsverletzungen darin, dass der Antragstellerpartei bei einem Zuwarten eine unter Umständen nachhaltige Schwächung der Originalität und Unterscheidungskraft ihrer Kennzeichnung droht (OLG Düsseldorf, Urteil vom 27. Januar 2015 - I-20 U 114/14, Rn. 30; OLG Düsseldorf, a.a.O., Rn. 21 - E-Sky). Daher kann sich bei der Verletzung von Rechten im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes die Dringlichkeit aus der Lage des Falls von selbst ergeben. Das ist beispielsweise anzunehmen, wenn eine Verletzung des Rechts fortdauert und daraus dem Rechtsinhaber ein Schaden erwächst, wie dies beim Vertrieb eines Produkts unter Verletzung von Schutzrechten der Fall ist (OLG Köln, Urteil vom 05. Dezember 2014 - I-6 U 100/14, Rn. 19 - Ich bin dann mal weg; Urteil vom 25. Juli 2014 - I-6 U 197/13, Rn. 8 - L-Thyrox; OLG München, Urteil vom 24. August 2006 - 6 U 4455/05, Rn. 6). Bei der vorzunehmenden Abwägung der schutzwürdigen Interessen der Beteiligten überwiegt regelmäßig das Interesse des Schutzrechtsinhabers an der eiligen Durchsetzung seines markenrechtlichen Schutzes gegenüber dem Interesse des Verletzers, sein Produkt einstweilen weiterhin vertreiben zu dürfen (Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Urteil vom 13. Februar 2014 - 3 U 113/13, Rn. 63 - Transdermale Pflaster). Solange die Verletzungshandlung andauert, ist von einem Verfügungsgrund auszugehen, denn der Zeicheninhaber ist in der Regel nicht gehalten, eine Markenverletzung bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache hinzunehmen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21. Dezember 2010 - I-20 W 136/10, Rn. 8 - Hapimag-Aktien).

b) Im vorliegenden Fall stellte die streitgegenständliche Verletzungshandlung keine gegenwärtige Verletzung des Unternehmenskennzeichenrechts der Antragstellerin dar, die geeignet wäre, eine Entscheidung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zu rechtfertigen.

Der Antragsgegner hat das markenrechtsverletzende Foto auf seiner Homepage nach Zugang der Abmahnung entfernt. Durch den derzeitigen Zustand der Internetseite des Antragsgegners erwächst der Antragstellerin somit kein Schaden mehr. Es hätte daher der Antragstellerin oblegen, Tatsachen dazu vorzutragen, inwieweit - trotz eingestellter Verletzungshandlung - die Angelegenheit so dringlich ist, dass ihr nicht zugemutet werden kann, den Weg des Hauptsacheverfahrens einzuschlagen und in diesem auf den Erlass eines Vollstreckungstitels zu warten. Ohne einen derartigen Vortrag ist ein Verfügungsgrund nicht ersichtlich, zumal sich bereits die ursprüngliche Verletzungshandlung an einer versteckten Stelle der Homepage des Antragsgegners befand und aufgrund der Größe und der Lichtverhältnisse nur schwer zu erkennen war."


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EuGH: Flugtarife für innergemeinschaftliche Flüge dürfen nicht nur in EURO sondern auch in der Währung angeben werden die objektiv mit Dienst verbunden ist

EuGH
Urteil vom 15.11.2018
C-330/17
Verbraucherzentrale Baden-Württemberg e. V. / Germanwings GmbH


Der EuGH hat entschieden, dass Luftfahrtunternehmen Flugtarife für innergemeinschaftliche Flüge nicht nur in EURO, sondern auch in einer Währung angeben können, die objektiv mit Dienst verbunden ist (Hier Britsiche Pfund für Flug von London nach Stuttgart).

Die Pressemitteilung des EuGH:

Luftfahrtunternehmen, die Flugtarife für innergemeinschaftliche Flüge nicht in Euro ausweisen, sind verpflichtet, sie in einer Währung anzugeben, die mit dem angebotenen Dienst objektiv verbunden ist

Dies ist insbesondere bei einer Währung der Fall, die in dem Mitgliedstaat des Abflug- oder Ankunftsorts des betreffenden Flugs als gesetzliches Zahlungsmittel gilt.

Ein Kunde buchte von Deutschland aus auf der von der deutschen Fluggesellschaft Germanwings betriebenen Internetseite www.germanwings.de einen Flug von London (Vereinigtes Königreich) nach Stuttgart (Deutschland). Der betreffende Flugpreis war nur in Pfund Sterling (GBP) ausgewiesen. Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg (Deutschland) war der Ansicht, dass diese Praktik ein unlauteres Verhalten darstelle und die Preise in Euro hätten ausgewiesen werden müssen. Sie erhob daher vor einem deutschen Gericht gegen Germanwings Klage auf Unterlassung dieser Praktik.

In diesem Kontext hat der Bundesgerichtshof (Deutschland) entschieden, den Gerichtshof zu befragen. Der Bundesgerichtshof möchte wissen, wie eine Verordnung der Union auszulegen ist, wonach Luftfahrtunternehmen beim Angebot von Flugdiensten von einem Flughafen im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats verpflichtet sind, jederzeit den zahlbaren Endpreis auszuweisen, der insbesondere den Flugpreis einschließt. Insbesondere möchte er wissen, ob Luftfahrtunternehmen, wenn sie den Flugpreis nicht in Euro angeben, ihn in einer Landeswährung ihrer Wahl ausweisen können; der Flugpreis ist als der Preis definiert, der für die Beförderung von Fluggästen an Luftfahrtunternehmen (oder deren Bevollmächtigte oder an andere Flugscheinverkäufer) zu zahlen ist, sowie etwaige Bedingungen, unter denen dieser Preis gilt (einschließlich des Entgelts und der Bedingungen, die Agenturen und anderen Hilfsdiensten geboten werden).

In seinem heutigen Urteil stellt der Gerichtshof fest, dass die VerordnungLuftfahrtunternehmen die Wahl lässt, die Flugpreise für innergemeinschaftliche Flugdienste „in Euro oder in Landeswährung“
auszuweisen. Die Verordnung enthält keine Angabe zur Landeswährung, in der Flugpreise ausgewiesen werden müssen, wenn sie sie nicht in Euro angeben werden.

Jedoch wäre nach den Feststellungen des Gerichtshofs das von der Verordnung verfolgte Ziel der effektiven Vergleichbarkeit der Preise gefährdet, wenn der Wahlfreiheit, über die Luftfahrtunternehmen bei der Bestimmung der Währung, in der sie die Flugpreise für innergemeinschaftliche Flugdienste ausweisen, keine Grenzen gesetzt wären. Es würde hingegen die effektive Vergleichbarkeit der Preise erleichtern, wenn die Luftfahrtunternehmen die Flugpreise in einer Landeswährung angäben, die mit dem angebotenen Dienst objektiv verbunden ist. Daher entscheidet der Gerichtshof, dass Luftfahrtunternehmen, die die Flugpreise für innergemeinschaftliche Flugdienste nicht in Euro ausdrücken, verpflichtet sind, für deren Angabe eine mit dem angebotenen Dienst objektiv in Verbindung stehende Landeswährung zu wählen; dies ist insbesondere bei einer Währung der Fall, die in dem Mitgliedstaat des Abflug- oder Ankunftsorts des betreffenden Flugs als gesetzliches Zahlungsmittel gilt. Somit können in einer Situation wie der in Rede stehenden, in der ein Luftfahrtunternehmen (Germanwings), das in einem Mitgliedstaat (Deutschland) niedergelassen ist, in dem der Euro gesetzliches Zahlungsmittel ist, im Internet einen Flugdienst mit Abflugort in einem anderen Mitgliedstaat (Vereinigtes Königreich) anbietet, in dem eine andere Währung als der Euro
gesetzliches Zahlungsmittel ist (Pfund Sterling), die nicht in Euro ausgedrückten Flugpreise in der
Währung dieses anderen Mitgliedstaats (Pfund Sterling) ausgewiesen werden.


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LG Coburg: Wettbewerbswidrige Werbung mit Testergebnissen wenn Fundstelle des Tests nicht gut lesbar ist

LG Coburg
Urteil vom 26.07.2018
1 HK O 6/18


Das LG Coburg hat entschieden, dass eine wettbewerbswidrige Werbung mit Testergebnissen vorliegt, wenn die Fundstelle des Tests nicht gut lesbar ist.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Nach §§ 5 a Abs. 2, 3 Abs. 2 UWG ist es als unlauter anzusehen, wenn Testergebnisse zur Werbung für ein Produkt verwendet werden und der Verbraucher nicht leicht und eindeutig darauf hingewiesen wird, wo er nähere Angaben zu dem Test erhalten kann. Erforderlich ist insoweit, dass die in der Werbung aufgenommenen Angaben über Testurteile leicht und eindeutig nachprüfbar sind. Dies setzt nicht nur voraus, dass überhaupt eine Fundstelle für den Test angegeben wird, sondern auch, dass diese Angabe für den Verbraucher aufgrund der Gestaltung der Werbung leicht auffindbar ist (vgl. BGH GRUR 2010, 248). Eine leichte Auffindbarkeit in diesem Sinne bedingt, dass die Fundstelle ausreichend deutlich lesbar ist (OLG Bamberg, Beschluss vom 19. März 2013 - 3 U 23/13; Juris m.w.N.; OLG Oldenburg, Urteil vom 31. Juli 2015 - 6 U 64/15; Juris).

Auf die Anforderung an die Lesbarkeit lassen sich die Grundsätze übertragen, die in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu der früheren Fassung des § 4 Abs. 4 HWG aufgestellt worden sind, wonach die Pflichtangaben „erkennbar“ zu sein hatten. Dies bedeutet in der Auslegung des Bundesgerichtshofes Lesbarkeit für den normalsichtigen Betrachter ohne besondere Konzentration und Anstrengung. Diese Voraussetzung hat Bundesgerichtshof im Regelfall nur bei Verwendung einer Schrift als erfüllt angesehen, deren Größe 6-Didot-Punkte nicht unterschreitet, wenn nicht besondere, die Deutlichkeit des Schriftbildes in seiner Gesamtheit fördernde Umstände die tatrichterliche Würdigung rechtfertigen, dass auch eine jene Grenze unterschreitende Schrift ausnahmsweise noch ohne besondere Konzentration und Anstrengung lesbar ist.

Diesen Anforderungen wird die streitgegenständliche Fundstellenangabe nicht gerecht. Die Fundstellenangabe ist nahezu unleserlich. Sie ist jedenfalls in einem deutlich unter 6-Didot-Punkt liegenden Schriftgrad gehalten.

Der Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass der „Korrekturabzug“ lesbar gewesen sei. Es ist nicht ersichtlich, dass die dortige Größe der Fundstellenangabe eine andere gewesen ist als eine solche, die in der Werbung letztendlich verwendet worden ist. Der Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass es ihm nicht möglich gewesen sei, den Inhalt der Werbung abzuändern. Für einen solchen Fall hat der Beklagte auf die Werbung zu verzichten. Geschäftliche Relevanz ist ebenfalls gegeben. Es ergibt sich ohne Weiteres aus der Verletzung des Gebotes der fachlichen Sorgfalt, weil die Fundstelle nicht lesbar ist und dem Verbraucher deshalb nicht die Möglichkeit der Kenntnisnahme von dem Test eröffnet ist. Das beeinträchtigt die Möglichkeit des Verbrauchers, die testbezogene Werbung zu prüfen, wodurch seine Fähigkeit, eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen, spürbar beeinträchtigt wird (vgl. OLG Oldenburg a.a.O.; OLG Brandenburg MD 2013, 709). Selbstverständlich sind dabei zu allen genannten Testergebissen die Fundstellen in lesbarer Form in die Werbung aufzunehmen."


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OLG Karlsruhe: Bei Verkauf von Naturkosmetik müssen im Online-Shop die Inhaltsstoffe angegeben werden

OLG Karlsruhe
Urteil vom 26.09.2018
6 U 84/17


Das OLG Karlsruhe hat entschieden, dass beim Verkauf Naturkosmetik im Online-Shop die Inhaltsstoffe angegeben werden müssen. Insofern handelt es sich um wesentliche Informationen im Sinne von § 5a Abs. 2 UWG.

EuGH: Geschmack eines Lebensmittels genießt keinen Urheberrechtsschutz - nicht mit hinreichender Genauigkeit und Objektivität identifizierbar - Heksenkaas

EuGH
Urteil vom 13.11.2018
C-310/17
Levola Hengelo BV / Smilde Foods BV


Der EuGH hat entschieden, dass der Geschmack eines Lebensmittels (hier: Käse) grundsätzlich keinen Urheberrechtsschutz genießt. Insbesondere ist ein Geschmack nicht mit hinreichender Genauigkeit und Objektivität identifizierbar.

Die Pressemitteilung des EuGH:


Der Geschmack eines Lebensmittels kann keinen Urheberrechtsschutz genießen

Der Geschmack eines Lebensmittels ist nämlich nicht als „Werk“ einzustufen

Der „Heksenkaas“ ist ein Streichkäse mit Crème fraîche und Kräutern, den ein niederländischer Gemüse- und Frischproduktehändler im Jahr 2007 kreiert hat. Die Rechte des geistigen Eigentums an diesem Erzeugnis hat dieser an die gegenwärtige Rechteinhaberin Levola, eine Gesellschaft niederländischen Rechts, abgetreten.

Seit 2014 stellt die Gesellschaft niederländischen Rechts Smilde für eine Supermarktkette in den Niederlanden ein Erzeugnis mit der Bezeichnung „Witte Wievenkaas“ her. Da Levola der Auffassung ist, dass die Herstellung und der Verkauf von „Witte Wievenkaas“ ihr Urheberrecht am Geschmack des „Heksenkaas“ verletze, beantragte sie vor den niederländischen
Gerichten, Smilde zur Unterlassung u. a. der Herstellung und des Verkaufs dieses Erzeugnisses zu verurteilen. Sie trug hierzu vor, dass der Geschmack des „Heksenkaas“ ein urheberrechtlich geschütztes Werk sei und der Geschmack des „Witte Wievenkaas“ eine Vervielfältigung dieses Werks darstelle.

Der in der Berufungsinstanz mit dem Rechtsstreit befasste Gerechtshof Arnhem-Leeuwarden (Berufungsgericht Arnhem-Leeuwarden, Niederlande) möchte vom Gerichtshof wissen, ob der Geschmack eines Lebensmittels Schutz nach der Urheberrechtsrichtlinie genießen kann.

In seinem heutigen Urteil stellt der Gerichtshof fest, dass der Geschmack eines Lebensmittels nur dann durch das Urheberrecht gemäß der Richtlinie geschützt sein kann, wenn er als „Werk“ im Sinne dieser Richtlinie einzustufen ist. Diese Einstufung setzt zunächst voraus, dass das betreffende Objekt eine eigene geistige Schöpfung ist. Sie verlangt darüber hinaus einen
„Ausdruck“ dieser eigenen geistigen Schöpfung.

Nach dem Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums, das im Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO) angenommen worden und dem die Union beigetreten ist, und nach dem Vertrag der Weltorganisation (WIPO) für geistiges Eigentum über das Urheberrecht, zu dessen Vertragsparteien die Union gehört, erstreckt sich der urheberrechtliche Schutz nicht auf Ideen, Verfahren, Arbeitsweisen oder mathematische Konzepte als solche, sondern auf Ausdrucksformen.

Folglich impliziert der Begriff „Werk“, auf den die Richtlinie abzielt, notwendigerweise eine Ausdrucksform des urheberrechtlichen Schutzobjekts, die es mit hinreichender Genauigkeit und Objektivität identifizierbar werden lässt.
In diesem Kontext stellt der Gerichtshof fest, dass es im Fall des Geschmacks eines Lebensmittels an der Möglichkeit einer präzisen und objektiven Identifizierung fehlt. Hierzu führt er weiter aus, dass anders als beispielsweise bei einem literarischen, bildnerischen, filmischen oder musikalischen Werk, das eine präzise und objektive Ausdrucksform darstellt, die Identifizierung des Geschmacks eines Lebensmittels im Wesentlichen auf Geschmacksempfindungen und -erfahrungen beruht, die subjektiv und veränderlich sind. Diese hängen nämlich u. a. von Faktoren, die mit der Person verbunden sind, die das betreffende
Erzeugnis kostet, wie beispielsweise deren Alter, Ernährungsvorlieben und Konsumgewohnheiten, sowie von der Umwelt oder dem Kontext, in dem dieses Erzeugnis gekostet wird, ab.

Zudem ist beim gegenwärtigen Stand der Wissenschaft eine genaue und objektive Identifizierung des Geschmacks eines Lebensmittels, die es erlaubt, ihn vom Geschmack anderer gleichartiger Erzeugnisse zu unterscheiden, mit technischen Mitteln nicht möglich.

Unter diesen Umständen gelangt der Gerichtshof zu dem Ergebnis, dass der Geschmack eines Lebensmittels nicht als „Werk“ einzustufen ist und daher auch keinen Urheberrechtsschutz gemäß der Richtlinie genießen kann.


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OLG Celle: Wettbewerbsverstoß wenn Bio-Lebensmittel im Internet ohne Angabe der Codenummer der Kontrollbehörde angeboten werden

OLG Celle
Urteil vom 11.09.2018
13 W 40/18


Das OLG Celle hat entschieden, dass ein Wettbewerbsverstoß vorliegt, wenn wenn Bio-Lebensmittel im Internet ohne Angabe der Codenummer der Kontrollbehörde angeboten werden.

Aus den Entscheidungsgründen:

"b) Die Angabe der Codenummer nach Art. 27 Abs. 10 VO (EG) Nr. 834/2007 stellt eine verpflichtende Information über Lebensmittel nach Art. 2 lit.c) LMIV dar. Umfasst sind hiervon diejenigen Angaben, die dem Endverbraucher aufgrund von Unionsvorschriften bereitgestellt werden müssen. Zu den Art. 14 Abs. 1 LMIV unterfallenden Informationen gehören daher nicht nur Pflichtinformationen gemäß Art. 9 f. LMIV, sondern auch solche Pflichtinformationen, die sich aus anderen Rechtsakten der Kommission ergeben (Meisterernst in: Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, 169. EL, LMIV Art. 14 Rn. 25; Grube in: Voit/Grube, LMIV, 2. Aufl., Art. 9 Rn. 3 [auch zu Kennzeichnungsregelungen nach der VO (EG) Nr. 834/2007], Art. 14 Rn. 13).

Entgegen der Auffassung der Verfügungsbeklagten ist der Anwendungsbereich von Art. 2 lit. c), Art. 14 Abs. 1 lit. a) LMIV nicht auf Regelungen beschränkt, die ausschließlich für Lebensmittel (und nicht etwa wie die VO (EG) Nr. 834/2007 auch für Futtermittel) gelten. Eine entsprechende Einschränkung ist weder dem Wortlaut noch dem Sinn und Zweck dieser Bestimmungen zu entnehmen.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts beschränken sich die verpflichtenden Informationen im Sinne dieser Verordnung zudem nicht auf die in deren Art. 9, 10 und Anhang III bezeichneten Verpflichtungen oder Verpflichtungen, die zeitlich nach Erlass dieser Verordnung begründet wurden. Aus der Annahme, geltende Kennzeichnungsvorschriften müssten gestrafft und modernisiert werden (EG 9 zur LMIV) lässt sich Gegenteiliges nicht entnehmen. Ausdrücklich sind sie hiernach zumindest in ihren ursprünglichen Zielsetzungen und Kernbestimmungen weiterhin gültig. Es spricht nichts dafür, dass sie darüber hinaus auch ohne spezielle Regelung ihre Geltung verlieren sollten, soweit sie nicht in dieser Verordnung aufgegriffen wurden. Die Kriterien nach EG 18, 19 zu dieser Verordnung beziehen sich auf neu zu regelnde Anforderungen. Dass die Kennzeichnungspflicht nach Art. 24 Abs. 1 lit. a) VO (EG) Nr. 834/2007 nicht von § 2 der Lebensmittelinformations-Durchführungsverordnung vom 5. Juli 2017 erfasst ist und daher die Angabe der Codenummer nicht verpflichtend in deutscher Sprache zu erfolgen hat, lässt den vom Landgericht gezogenen Rückschluss ebenfalls nicht zu.

c) Selbst wenn die Codenummer nach Art. 24 Abs. 1 lit. a) VO (EG) Nr. 834/2007 allein noch nicht in dem Internetangebot anzugeben sein sollte, muss diese nach Art. 14 Abs. 1 LMIV dem Verbraucher vor dem Abschluss des Kaufvertrages zugänglich sein.

d) Entgegen der Formulierung des Hauptantrags ist diese Information jedoch nicht notwendig „in unmittelbarer räumlicher Nähe“ zu dem Internetangebot anzugeben. Nach Art. 14 Abs. 1 lit. a) LMIV muss die Information entweder auf dem Trägermaterial des Fernabsatzgeschäftes - also in dem jeweiligen Medium, das dem Vertragsabschluss mit dem Verbraucher dient (vgl. Meisterernst a.a.O. Rn. 31) - oder durch andere geeignete Mittel bereitgestellt werden. Denkbar ist deshalb insbesondere, dass diese Codenummer nicht unmittelbar auf der eigentlichen Angebotsseite genannt wird, sondern etwa auf einer verlinkten Seite mit weiteren Produktinformationen enthalten ist. Auch andere Gestaltungen sind denkbar. Mindestanforderungen ergeben sich aus Art. 13 Abs. 1 LMIV (vgl. Meisterernst a.a.O. Rn. 35).

Engere Vorgaben folgen auch nicht aus Art. 24 Abs. 1 lit. a) VO (EG) Nr. 834/2007, selbst wenn diese Regelung auf Kennzeichnungen in Internetangeboten anwendbar wäre. Hiernach ist die Codenummer zwar in die Kennzeichnung selbst aufzunehmen, wobei sich unmittelbar aus dieser Regelung nicht erschließt, wie weit dieser Begriff in dem vorliegenden Zusammenhang zu verstehen wäre, ob insbesondere auch eine weitere Internetseite, auf die verwiesen würde, noch erfasst wäre. Art. 14 LMIV enthält jedoch eine für den Fernabsatz von Lebensmitteln speziellere Regelung, die die insoweit allgemeinere Regelung in Art. 24 Abs. 1 lit. a) VO (EG) Nr. 834/2007 jedenfalls ergänzt.

Begründet ist daher allein der - anerkannte - Hilfsantrag, der eine entsprechende Einschränkung nicht enthält.

e) Der gerügte Verstoß führt auch zu einer spürbaren Beeinträchtigung im Sinne des § 3 Abs. 1 UWG. Die Angabe der Codenummer ist für den Verbraucher von erheblichem Interesse (OLG Frankfurt, Urteil vom 30. September 2014 - 14 U 201/13, juris Rn. 36)."


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